von Thomas Schneider
Es ist ja nichts Neues unter der Sonne: Immer mehr Menschen beenden ihre Kirchen-Mitgliedschaft. Vor vielen Jahren waren es hauptsächlich Ungläubige, die noch traditionell mit „ihrer“ Kirche verbunden waren, aber nicht länger ihr Geld dieser Organisation geben wollten, die sich – auch das haben einige gemerkt – kaum noch von der Welt unterscheidet.
Heute sind es zumeist bibeltreue Christen, die den Weg zum Standesamt oder zum Notar suchen und dort ihren Austritt aus der Evangelischen Kirche in Deutschland erklären. Allein 2021 waren es 280.000 Kirchenaustritte. Im Seelsorgedienst der AG WELT werden in der Hauptsache diese Gründe genannt: 1. Die Bibel werde von der Kirchenleitung nicht (mehr) als das vom Geist Gottes gewirkte und irrtumslose Wort Gottes anerkannt. 2. Es werde mehr über Corona und Klimawandel gepredigt, als über das Evangelium von Jesus Christus. 3. Die Kirchen hätten in der „Corona-Zeit“ ihre Türen geschlossen, sich nicht gemäß ihrem biblischen Auftrag um die Nöte der Menschen gekümmert, sondern mit Abstand und Maske nach staatlichen Vorgaben Panik verbreitet. 4. Entgegen der Schöpfungsordnung Gottes würden immer mehr homosexuelle Paare unter dem Segen Gottes verheiratet. 5. Kindern werde gelehrt, dass es nicht nur Sexualität zwischen einem Mann und einer Frau in einer Ehe geben würde, sondern auch ein Zusammenleben von Menschen anderen Geschlechts in beliebigen Partnerschaftsformen. 6. Von der EKD würden Schiffe für gesetzwidrige Flüchtlingsrettung finanziert. 7. Die Gemeinden entwickelten sich mehr und mehr zu weltlichen Wohlfühl- und Eventclubs.
Aber wohin sollen sie gehn, die bibeltreuen Christen? Unter das Dach einer Freikirche, eines Bundes oder einer völlig unabhängigen Gemeinde? Es gilt, anhand des Wortes Gottes und durch das Wirken des Heiligen Geistes zu prüfen, welcher Geist in den einzelnen Organisationen weht. Was das Rennen um die Verwässerung der Heiligen Schrift angeht, so haben viele Freikirchen und Freie Gemeinden die sogenannte Volkskirche längst überholt. Nun gründen sich überall im Lande neue Gemeinden – hauptsächlich im sächsischen Erzgebirge. Dort versammeln sich Menschen, die entweder aus o.g. Beweggründen ihre alte „geistliche Heimat“ verlassen haben oder nach einer neuen Wohlfühloase Ausschau halten, die ihren menschlichen Vorstellungen von „Kirche“ gerecht wird.
Wie sich „Kirche“ auch politisch missbrauchen lässt, ist nicht schwer zu erkennen. Beispielhaft dafür steht die „Kirche für Dich“, eine Evangelisch-freikirchliche Gemeinde an der Autobahnauffahrt Hartenstein. Wir erhielten eine Einladung zu einem „Fachtag“ zum Thema „Rechtspopulismus in christlichen Kreisen“, der am 11. Juni von 9:30 bis 17:00 Uhr in dieser „Kirche für Dich“ stattfinden soll, „Unkostenbeitrag von 10 €“. Veranstalter sind der Evangelisch-Lutherische Kirchenbezirk Aue, die Diakonie Erzgebirge und das sog. Kompetenzzentrum für Gemeinwesenarbeit im Erzgebirge (KGE).
Ein Hinweis in dieser Einladung sollte Interessenten besonders zum Nachdenken anregen:
„Wir als Veranstalter behalten uns vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und nationalistische, sexistische, rassistische, homophobe, inter- und transfeindliche Personen sowie Verschwörungstheoretikerinnen und Querfrontlerinnen aller Art und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.“
Zu diesem „Fachtag“ eingeladen sind – nach eigenen Angaben der Veranstalter – „Expertinnen und Experten, die sich mit der Thematik seit langem auseinandersetzen, Inputgeber, aber auch Diskutanten sein werden.“ Namentlich: die Publizistin und promovierte Juristin mit dem Schwerpunkt Neue Rechte, Liane Bednarz; der Hörfunkjournalist und Theologe Andreas Malessa; die Leiterin des Projekes „Demokratie gewinnt“ und Sprecherin der AG Kirche für Demokratie und Menschenrechte, Dr. Annalena Schmidt und der freikirchliche Pastor und sächsische Beauftragte für Integrations- und Migrationsfragen, Michael Beyerlein. In den fünf angebotenen Workshops soll auch der Beauftragte für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Dr. Harald Lamprecht, zu Wort kommen. Die Themen sind:
„AfD-Politik und christlicher Glaube – ist das zu vereinbaren?“ (Andreas Malessa) – „Rechtspopulismus und Verschwörungsdenken (und Umgang damit)“ (Dr. Annalena Schmidt) – „Situation in den christlichen Kreisen (Rechte Theologie)“ (Dr. Harald Lamprecht) – „Die Gefahr der Angstprediger“ (Dr. Liane Bednarz) – „Der christliche Teppich und seine Hügel“ (Michael Beyerlein)
So lässt die „Kirche für Dich“ Vertreter aus dem politisch linken und kirchenpolitisch links-liberalen Spektrum zu Wort kommen, die wohl nur eines im Sinn haben: die Stigmatisierung Andersdenkender. „Prominentes“ Aushängeschild: Dr. Liane Bednarz mit ihrem im Frühjahr 2018 erschienenen Buch „Die Angstprediger – Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“. Bednarz sei, so steht es in der Einladung zum „Fachtag“, „eine gefragte Gesprächspartnerin der Medien und der Kirchen“. Andreas Malessa ist Hörfunkjournalist bei staatlichen ARD-Sendern und für seine heftige Kritik an der AfD, in der sich auch Christen engagieren, bekannt. Michael Beyerlein, aufgewachsen in Franken, war früher nach eigenen Angaben rechtsradikal, hatte Ämter bei den Republikanern inne und sieht nun seinen Auftrag im Kampf gegen rechts. Ausführungen von Hatune Dogan – die in der AG WELT – Filmdokumentation „Die unbequeme Wahrheit über den Islam“ zu Wort kommt, wertet Beyerlein als „islamfeindlich“. Er vertritt die Meinung: „Ein Christ hat in der AfD nichts zu suchen…“ Wer das Projekt von Dr. Annalena Schmidt „Demokratie gewinnt“ näher betrachtet, wird lesen können, dass dafür „‚Berater*innen für Demokratie und Teilhabe‘ ausgebildet“ werden, „in denen die Sensibilisierung für rechte Diskurse geschaffen werden soll“, die „demokratischen wie diakonischen Werten diametral entgegenstehen“. In der Einladung zum „Fachtag“-Workshop „Rechtspopulismus und Verschwörungsdenken“ heißt es:
„Bill Gates möchte uns alle chippen, Chemtrails werden uns vergiften und die Erde ist eine Scheibe? Nein! Verschwörungserzählungen und -ideologien werden zu einer immer größeren Gefahr für das gesellschaftliche Zusammenleben. Im Online-Seminar werden wir uns aktuell grassierende Verschwörungserzählungen anschauen, betrachten, warum gerade in krisenhaften Situationen Menschen anfällig für entsprechende Erzählungen sind und wie das von einzelnen Gruppen ausgenutzt wird. Zudem werden Möglichkeiten in den Blick genommen, wie man auf entsprechende Aussagen reagieren und Menschen helfen kann, die entsprechenden Verschwörungserzählungen anhängen.“
Dr. Harald Lamprecht soll zur „Situation in den christlichen Kreisen“ sprechen. Seiner Ansicht nach, so ist im Vorstellungstext der Einladung nachzulesen, würden „rechtspopulistische Bewegungen versuchen, völkischen Nationalismus mit dem Christentum zu verbinden“.
So sind zu diesem „Fachtag“ diejenigen unter sich, denen Menschen ein Dorn im Auge sind, die zur Bewertung der Geschehnisse in dieser Welt eine andere Haltung haben. Ist das „Kirche für Dich“? Wenn in einem Land dem Bürger nicht mehr zugestanden wird, das zu sagen was er denkt, dann hat das weder etwas mit Demokratie noch mit Freiheit zu tun. Eine „Kirche“, die ihre Pforten für so einen „Fachtag“ öffnet, sollten bibeltreue Christen nicht besuchen. Und eine solche Veranstaltung schon gar nicht! Wenn sich „Kirche“ politisch missbrauchen lässt, geht sie zum Teufel. Die Gemeinde Jesu, die Gemeinschaft der Gläubigen, hat den Auftrag, Brüder und Schwestern im Glauben an das unfehlbare und irrtumslose Wort Gottes zu stärken und sie zur Verbreitung des Evangeliums von Jesus Christus zuzurüsten. Wer „Kirche“ anders versteht, als es die Bibel fordert, geht den breiten Weg, der in die Verdammnis führt.
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Nachlese
Im Nachgang zur durchgeführten Veranstaltung teilt uns Marko Schubert, Gemeindereferent der „Kirche für Dich“, am 20. Juni in einer E Mail mit, dass sie ihre Räumlichkeiten für den 11. Juni an die Diakonie Erzgebirge vermietet hätte. Im Frühjahr habe die Diakonie angefragt, ob sie in den Gemeinderäumen eine „Fachtagung“ durchführen könne. Schubert schreibt: „Was das Thema dieser Fachtagung sein sollte, wussten wir nicht und es hat uns auch nicht interessiert, da wir von einer internen Veranstaltung ausgingen.“
Selbst wenn es sich um eine „interne Veranstaltung“ handelt, sollte es eine christliche Gemeinde schon interessieren, was in ihren Wänden aublaufen soll. Bei dem Mieter „Diakonie“ läuten doch ohnehin bei bibeltreuen Christen alle Alarmglocken. So lädt die Diakonie Erzgebirge für den 30. Juni dieses Jahres zu einem Vortragsabend mit dem Irrlehrer Anselm Grün in die St. Nicolai-Kirche nach Aue ein.
Wie Schubert weiter mitteilt, habe die Gemeinde am 31. Mai von „Michael Beyerlein dann den Flyer für diese Veranstaltung“ zugeschickt bekommen. Erst dadurch sei klar geworden, „dass es eine öffentliche Veranstaltung sein sollte und nicht nur die Diakonie der Veranstalter war.“ Handelte es sich also um eine Täuschung? Schließlich habe man doch, nach einer Beratung der Gemeindeältesten, die Veranstaltung stattfinden lassen. Schubert meint, „da wir es unfair fanden so kurzfristig abzusagen. Ob das eine gute Entscheidung war, darüber kann man streiten.“
Kann für eine christliche Gemeinde Fairness die Grundlage sein, einer Veranstaltung freien Lauf zu lassen, deren Organisatoren Menschen den Zutritt verweigern, die sich der Bibel, dem Wort Gottes, verpflichtet wissen?
Dann schreibt Schubert noch: „Wir sehen unseren Auftrag als Kirche darin das Evangelium zu verkündigen und nicht darin einseitig politisch Stellung zu beziehen. Wir wollen auch nicht mit einer bestimmten politischen Richtung in Verbindung gebracht werden. Unsere Türen stehen für alle offen, egal welche politische Einstellung sie haben.“
Ja, was denn nun? Wenn die Türen „für alle offen“ stehen, „egal welche politische Einstellung sie haben“, dann heißt das doch, man würde die Räumlichkeiten auch an einen Veranstalter vermieten, der beispielsweise als Referenten die Journalisten Peter Hahne, Boris Reitschuster, Wolfgang Tychi und die syrisch-orthodoxe Klosterschwester Hatune Dogan zum Thema „Die unbequeme Wahrheit über den Islam“ zu einem Podiumsgespräch einlädt. Oder auch an einen Veranstalter, der unter anderen die Journalistin Birgit Kelle, den Pastor Uwe Holmer, die Politiker Ulrich Oehme und Martin Kohlmann zum Thema „Diktatur und Freiheit“ zu Gast hat. – Wenn die Türen für alle offen stehen…?
Wichtig erscheint jedoch der Teilsatz: „Wir sehen unseren Auftrag als Kirche darin das Evangelium zu verkündigen…“. Wie dieser Auftrag in der „Kirche für Dich“ umgesetzt wird, davon wird sich AG WELT selbst ein Bild machen. Schließlich geht es um Weltanschauungsfragen.
Matthias Schneider meint
Vielen Dank für den informativen Beitrag. Ich halte es für wichtig, mit solchen Berichten auf die beschriebenen Entwicklungen aufmerksam zu machen, helfen sie doch zu überdenken und zu beschreiben und gleichzeitig zur Meinungsbildung aufzurufen und beizutragen.
Gert Töpfer meint
Zu 100% trifft Ihre Einschätzung zu! Ich bin tief enttäuscht von unserer Kirche. Wir beschäftigen uns schon lange mit dem Gedanken eines Austrittes, aber wer macht ein sinnvolles und lebendiges Angebot? Zum Beispiel, hält die St. Annen Gemeinde in Annaberg-Buchholz – trotz keiner Coronaeinschränkungen – weiterhin am „katholischen Abendmahl“ fest. Martin Luther würde auf den Tisch haue. Wenn wir das tun, sind wir sofort Verschwörungstheoretiker. Diese „Lehre“ habe ich meinen Religionsschülern in meinem Lehrerleben nicht gelehrt!
Thomas Schneider meint
Lieber Herr Töpfer, in der Gemeinde Jesu sollte es weder um ein aus menschlicher Sicht „sinnvolles“, noch um ein nach menschlichen Vorstellungen „lebendiges Angebot“ gehen, sondern um die reine Lehre der geistgewirkten Botschaft der Bibel. „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ (Römer 8,14). Es braucht keine Erlebnis- und Eventkirchen, sondern bibeltreue Gemeinden. Wir empfehlen Ihnen einen Besuch der „Bekennenden evangelischen Gemeinde Annaberg“ (Email: beg.annaberg@gmail.com). Am 12.06.2022 predigt dort um 9:30 Uhr unser Evangelist Thomas Schneider. Gesegneten Pfingstmontag!
Konrad Meier meint
Gott sei Dank haben sich nur 30 Personen zu dieser Veranstaltung verirrt! Was aber trotzdem für einen ganzseitigen Artikel in der Kirchenzeitung der ev. Luth. Landeskirche Sachsens „Der Sonntag“ gereicht hat.
https://www.sonntag-sachsen.de
Ich möchte nicht wissen, was diese Veranstaltung den Kirchensteuerzahler gekostet hat- Miete der Räumlichkeiten, obwohl die evangelische Kirche doch selber reichlich passende Immobilien für solche Veranstaltungen hat. Obendrauf kommen noch die Honorare für fünf Referenten, welche sicher nicht allzu spärlich ausfallen dürften. Ob der gewählte Termin, einen Tag vor den Landratswahlen, nur Zufall war?
Wenn die „Kirche für dich“ diese fragwürdige Veranstaltung kurzfristig nicht absagen wollte, so hätte man sich ja auf der eigenen Internetseite zumindest davon distanzieren bzw. die Hintergründe des Zustandekommens der Tagung erklären können. Es ist immer ein herausfordernder geistiger Spagat, wenn christliche Gemeinden in das weltliche Geschäft der Vermietung einsteigen, da man immer mit den in den eigenen Räumen abgehaltenen Veranstaltungen in Verbindung gebracht wird, auch wenn man „nur“ der Vermieter ist.
Konrad Meier meint
Nachtrag:
Wie noch vor der Veranstaltung auf der Internetseite des Referenten A.Malessa nachzulesen war, sollte die Tagung ursprünglich unter Mitwirkung von Benjamin Winkler von der Amadeo-Antonio-Stiftung stattfinden. Mir wurde dies auch von der Diakonie auf Nachfrage bestätigt. Mit wem hätte sich da eigentlich Pastor Malessa gemeingemacht? Eine Organisation, gegründet von einer Stasi-Informantin, die regelmäßig gegen den Schutz des ungeborenen Lebens hetzt, den Bombenterror der Alliierten ganz toll findet und die Werbetrommel für die LGTB-Bewegung rührt!
Aber ganz unabhängig davon würde ich auch den Baptistenpastor A. Malessa grundsätzlich nicht in einer bibeltreuen Gemeinde als Referenten auftreten lassen. So sagt er zum Thema Homosexualität: Zitat:
Frage: Ein Weg zur Versöhnung zwischen Homosexualität und Glaube wäre …
Malessa:… wenn alle, die das für unversöhnlich halten, schwule Söhne und lesbische Töchter hätten. Und eine Liste all jener biblischen Verbote bei sich trügen, die sie täglich übertreten: Kleidung aus Mischgewebe tragen, Seafood essen, ohne Kopftuch zum Gottesdienst gehen etc.
Frage Ich habe mit dem Thema Homosexualität Friede gefunden, als …
Malessa: Nöö, mit dem Thema habe ich keinen Frieden gefunden. Aber mit schwullesbischen Brüdern und Schwestern im Glauben. Deren Sexualität halte ich bis zum Beweis des Gegenteils für eine Schöpfungsvariante Gottes. Zu meinen afrikanischen Freunden sage ich nicht „Sei doch nicht so schwarz“ und zu Freunden mit asiatischer Lidfalte nicht „Mach mal die Augen richtig auf“. Sondern ich respektiere sie als das, was sie ganz unübersehbar sind: Kinder Gottes, anders als ich.
Quelle: zwischenraum.net/persoenlich/persoenlich/7-fragen-an-andreas-malessa/
Bei einem solchen Bibelverständnis bleibt mir die Spucke weg!