von Pfarrer Dr. Theo Lehmann
[Der nachfolgende Beitrag ist ein Leserbrief von Dr. Theo Lehmann (Radebeul) zur Meldung „Corona: Kirchenkurs aufarbeiten“ im Wochenmagazin ideaSpektrum Nr. 35]:
Auf einen Artikel wie den von Frau Prof. Wendebourg warte ich seit Jahren. Endlich! Danke! Nur die sanften Formulierungen (Aufarbeitung kirchlicher Maßnahmen während der Corona-Krise) stören mich. Es ging doch um Verbrechen! Reden wir lieber mit deutlicheren kirchlichen Begriffen: Sünde und Buße.
Es war eine noch nie dagewesene Sünde, dass Pfarrer Ungeimpften die Teilnahme am Gottesdienst verweigerten. Der einstige Pfarrer und Bundespräsident Joachim Gauck, der ein Buch über Toleranz schrieb, hatte in der Praxis keine solche und nannte Impfskeptiker einfach „Bekloppte“.
Als so Bezeichneter stand auch ich als Pfarrer eines Tages vor der Kirchentür meiner Wohngemeinde und durfte nicht rein. Als Corona vorbei war und ich wieder reingedurft hätte (ich habe diese Kirche natürlich nie wieder betre- ten), bekam ich von dieser einen Mahnbrief – ich solle mein Kirchgeld bezahlen.
„Von mir kriegen Sie keinen Pfennig“, war meine Antwort, und dann schlug ich der Pastorin vor, statt Knete einzufordern, erst mal Buße zu tun, bevor der kirchliche Betrieb wieder angeleiert wird, als ob nichts gewesen wäre. Ich erklärte ihr dann, dass es ja nicht um mich gehe, sondern um sie und ihr Seelenheil, um ihr verlorenes Vertrauen der Gemeinde und ihr Verhältnis zu Gott. Keine Antwort. Nach einem halben Jahr wieder ein Brief von der Pastorin: Kein Grund zur Buße, wir haben alles richtig gemacht und nichts zu bereuen.
Ich bin überzeugt, dass niemand, der gesündigt hat, einfach weitermachen kann. Hier ist Buße angesagt: Sündenerkenntnis, Sündenbekenntnis, Reue, Bitte um Vergebung. Und dann, verehrte Schwestern und Brüder im Amt, ob Ihr es glaubt oder nicht, dann gibt es Vergebung und Neuanfang.
So jedenfalls Lehre und Praxis der Kirche. So eine Buße erwarte ich von jedem Pfarrer, Bischof, Kirchenvorstand und Kirchenleitung. Aber ohne Buße für das, was sie ihren Gemeindegliedern zur Corona-Zeit angetan haben, sind sie für mich Mietlinge und Heuchler.
Heinz meint
Ja, das sehe ich genauso! Ich habe 2x im Vorstand die Aufarbeitung gefordert. Leider ist so ein GKR ein „demokratischer“ Haufen. Dadurch wurde dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt. Ich liebe meine Gemeinde dennoch sehr. Bin aber traurig über diese Entscheidung. Bischof stäblein aus Berlin hat sich „entschuldigt“! ,:-) Kann er gar nicht. Ich und viele Andere können ihn nur entschuldigen! Doch dazu gehört eben die Buße! Und somit wird es leider zur Heuchelei. Danke für den Leserbrief. Gott befohlen!
Nathanael meint
Ja, die Bedeutung von Entschuldigen, d.h. wörtlich „die Schuld von einer Person nehmen“, geht vielerorts verloren. Man vergisst, dass, bevor man von jemandem entschuldigt werden kann, man vorher um Vergebung bitten muss.
Stefan meint
Vielen Dank, Sie sprechen mir aus dem Herzen! Die Verletzungen und tw. auch Verleumdungen sind vehement und radikaler Natur gewesen. Man bedenke noch dazu die Jahreslosung aus Joh. 6,37, die jeden Sonntag „einmütig“ unter den Anwesenden am Anfang des Gottesdienstes gesprochen wurde: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Und nur ein paar Minuten vorher wurde an der Tür gnadenlos selektiert.