
von Thomas Schneider
Gestern haben wir über die Frage nachgedacht, ob der Mensch nicht manchmal dümmer ist als Ochs und Esel, die uns beim Propheten Jesaja (1,3) vorgestellt werden. Ochs und Esel kennen die Krippe ihres Herrn. Dabei haben wir uns Strophe für Strophe von dem bekannten Paul Gerhardt – Lied „Ich steh an deiner Krippen hier“ leiten lassen.
Heute geht es weiter mit der Strophe: „Wann oft mein Herz vor Kummer weint und keinen Trost kann finden, da ruft mir’s zu: ‚Ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden. Was trauerst du, o Bruder mein? Du sollst ja guter Dinge sein, ich sühne deine Schulden'“. Immer wieder versagen wir im täglichen Leben, werden schuldig aneinander – an unserem Ehepartner, an unseren Kindern, Nachbarn, Freunden und Arbeitskollegen, an unseren Brüdern und Schwestern in der Gemeinde. Oder andere werden an uns schuldig, so daß unser Herz voll Kummer ist und wir keinen Trost finden. Da ruft dir aus der Krippe heraus einer zu: „Ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden. Ich sühne deine Schulden.“ Jesus ist schon auf dem Weg zum Kreuz, dem zweiten Wunder des Glaubens. Jesus geht den blutigen Weg von der Krippe zum Kreuz. Jesus geht einen Weg voller Kampf und Not.
In einem Filmbericht wurde einmal das Leben in den Urwäldern Südamerikas geschildert. Hirten müssen eine Büffelherde über den Fluß bringen. Auf der einen Seite ist bereits alles abgeweidet, aber am anderen Ufer ist reichlich frisches Gras. Im Fluß sind die Piranhas, Millionen kleiner beutegieriger Fische mit scharfen Zähnen. Die Hirten nehmen einen Büffel, ritzen ihn blutig und treiben ihn in das Wasser. Um das Opfer herum wird es blutrot. Wenn es sich aus dem Wasser reißt, sieht man herausgefressene Lücken in seinem Leib. – Aber die Herde ist gerettet. Oberhalb dieser Opferstätte hat sie wohlbehalten den Todesstrom überqueren können.
Johannes der Täufer spricht über Jesus (Joh 1,29): „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt.“ Jesus wurde abgeschlachtet, damit du an das andere Ufer kommst. Das ist deine Überlebensgarantie, die dir Gott sogar schriftlich gibt. Wenn du an den Opfertod Jesu glaubst und daß du nur über Sein qualvolles Leiden und Sterben am Kreuz alle Schuld los bist, hast du die Chance einmal bei Gott zu sein.
Nach allen Regeln theologischer Kunst wird heute versucht, den Opfertod Jesu schönzureden. Bis dahin, daß Kirchenobere meinen, man solle auf das Sühnopfer Christi in der Predigt gänzlich verzichten und die Abendmahlsfeier in opferfreie Gedächtnisfeiern umwandeln. Wer das fordert, der läßt den Teufel in Kirchen und Gemeindehäusern spazieren gehen.
Alles Fragen nach dem „Warum?“ verharmlost die Sünde. Und diese Verharmlosung ist die Krankheit unserer Zeit. Aber die Krippe ist ohne das Kreuz nicht zu haben! Das Kreuz läßt erkennen, welch tiefe Kluft die Sünde zwischen Gott und Mensch gerissen hat. Der Mensch marschiert geradewegs zur Hölle. Das Kreuz läßt die große Liebe Gottes erkennen. ER gibt sein Liebstes, Seinen Sohn. Das Kreuz macht deutlich, wie tief sich Gott zu uns herabläßt. Er läßt sich wie ein Verbrecher hinrichten, ohne sich zu wehren. Das ist der Preis für unser Versagen, für unsere Schuld, für unsere Sünde.
Aber nur dadurch kann Jesus zu dir sagen: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). Das Kreuz trennt den Heilsweg Gottes von allen religiösen und menschlichen Erlösungsversuchen. „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ sagt Jesus (Joh 14,6). Alle Religionen sind Fata Morganen in der Wüste einer verlorenen Menschheit.
Weiter heißt es im Lied von Paul Gerhardt: „Du fragest nicht nach Lust der Welt noch nach des Leibes Freuden; du hast dich bei uns eingestellt, an unsrer Statt zu leiden, suchst meiner Seele Herrlichkeit durch dein selbsteignes Herzeleid; das will ich dir nicht wehren.“ Vor einigen Jahren behandelte ich in einer Gymnasialklasse den Buchbestseller „Schluß mit lustig“ von Peter Hahne. Diesen aufgeschlossenen jungen Menschen waren Fragen zur Zukunft, zu Wertmaßstäben, zur Wahrheit, zum Leid, zum Tod und zum Bösen in dieser Welt keineswegs gleichgültig! Und auf die Frage „Worin siehst du den Sinn deines Lebens?“, da antwortete ein junger Mann ganz spontan: „Einmal in den Himmel zu kommen!“
Diesem Jungen geht es in erster Linie darum, in den Himmel zu kommen. Das ist sein Lebensziel. Nicht die Lust der Welt, nicht des Leibes Freuden. Geht uns ein so klares Bekenntnis vor anderen Leuten auch so leicht über die Lippen? Oder haben wir es verlernt, über die Grundfragen unseres Lebens wieder einmal tiefgründig nachzudenken?
Ich lade dich ein, die Schule unseres Herrn Jesus Christus regelmäßig zu besuchen. Wenn du täglich in Seinem Wort liest und dich von Seinem Heiligen Geist beschenken läßt, dann bekommst du deine Lebensfragen bestens beantwortet. Christus spricht (Joh 7, 37-38): „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
„Ein Tag ohne Gottes Wort, das ist für mich wie drei Tage ohne Wasser“, sagte eine Frau zu mir, die innerhalb eines Jahres ihre beiden Söhne verloren hatte. „Ich weiß es nicht,“ so diese Frau, „warum ich nun allein weiterleben soll, aber Jesus weiß wozu das gut ist. ER ist das Ziel und IHM allein will ich vertrauen.“ Diese Frau hat ganz sicher viel vor Kummer geweint. Aber sie hat das Ziel im Leben nicht aus ihren Augen verloren. Sie kann im tiefen Glauben aus dem Krippenlied Pauls Gerhardts singen: „Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: daß ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So laß mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“
Jesus wird ein zweites Mal in diese Welt kommen. Dann aber nicht mehr als Kind in der Krippe, nicht als Geschlagener am Kreuz, sondern als König, Richter und Weltenherrscher. „Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ (Mt 24,30)
Das ist die große Freude, die Christen haben dürfen: Der Retter der Welt kommt! Viele wissen um die notwendige Entscheidung für Jesus Christus, aber sie haben sich immer noch nicht bewußt entschieden. Sie meinen: „Taufe und Konfirmation reichen doch völlig aus…“ – Einmal im Jahr treffe ich meine alten Klassenkameraden aus der Schulzeit. Viele von ihnen sind getauft und konfirmiert. Aber glauben sie auch, daß Jesus Christus für sie als Mensch in der Krippe von Bethlehem zu ihnen gekommen ist, um ihre kaputte Beziehung zu Gott in Ordnung zu bringen? Haben sie eine persönliche Herzensbeziehung zu Jesus? Glauben sie, daß nur der Glaube an den Opfertod Jesu an das andere Ufer rettet? Über alles wird zum Klassentreffen geredet, nicht aber über den Glauben. Nur am Rande traut sich dann doch jemand leise zu sagen: „Ja, ich halte fest an Jesus.“
Deshalb heißt es: „Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ Dann sind sie verloren, die nur sich selbst und nicht Gott im Blick haben. Dann können sie sich nicht herausreden, daß sie doch nichts von allem gewußt hätten. Sie werden schreien und heulen.
Bei Lukas 17,34 steht: „Ich sage euch: In jener Nacht werden zwei auf „einem“ Bett liegen; der eine wird angenommen, der andere wird preisgegeben werden. Zwei Frauen werden miteinander Korn mahlen; die eine wird angenommen, die andere wird preisgegeben werden.“ Wenn Jesus wiederkommt, wird die Menschheit eine Zweiteilung erfahren: Angenommen oder Verworfen.
Und damit kannst du dir im Advent, in Erwartung des Herrn Jesus, selbst die Frage stellen: Gehöre ich zu den Geretteten oder zu den Verlorenen? Habe ich mich auf den kommenden Tag des HERRN eingestellt? Von Hermann Bezzel, einem Kämpfer gegen die Verwässerung des Evangeliums, stammt die eindringliche Warnung: „Man kann die Kirchenbänke durchscheuern und doch verloren gehen.“
„Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind“ schallt es aus den Lautsprechern der Kaufhäuser und Weihnachtsmärkte. Alle Jahre wieder wird von vielen gerne das Jesuskind in der Krippe gefeiert. Oft aber bleibt es dabei.
Doch die Krippe ist vom Kreuz nicht lösbar. Zu Jesus gehört die Krippe seiner Menschwerdung und das Kreuz seines Leidens mit dem Auferstehungssieg. Das war von Anfang an Gottes Rettungsplan. Die letzte Katastrophe, die Menschen erleben werden, das ist die Hölle. Leider wird sie mehr Menschenleben fordern als alle Katastrophen der Menschheitsgeschichte zusammen genommen.
Auch am morgigen 2. Advent fragt dich Gott wieder ganz persönlich, ob du das Geschenk von Krippe und Kreuz schon angenommen hast. Wenn du das noch nicht getan hast, dann mache es heute fest. Denn es gibt ein Zuspät!
Herr Jesus Christus, ich habe mein altes Leben satt. Du weißt am besten, was da alles schief gelaufen ist. Bitte vergib mir meine Schuld. Bitte schenke mir ein neues Leben, wo nicht mein Ich, sondern wo du der Herr bist. Danke, daß du dich für mein sündhaftes Leben hast blutig schlagen und kreuzigen lassen. Danke, daß du von den Toten auferstanden bist und lebst. Danke, daß du mich an das andere Ufer bringen wirst, wo es weder Krankheit noch Not, weder Streit noch Krieg geben wird. Wenn die Zeit für mich gekommen ist und du mich von dieser gefallenen Erde abrufen wirst, dann will ich bereit sein. Dir sei alle Ehre, Lob und Dank!
Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und laß dir’s wohlgefallen.
