
von Thomas Schneider
Haben Sie auch die Erfahrung gemacht, daß manch einer etwas „hinter vorgehaltener Hand“ sagt, obwohl es „in aller Munde“ und für die breite Öffentlichkeit durchaus von Interesse ist? Es wird etwas zurückgehalten oder getuschelt, was längst offenbar ist.
Dahinter steckt die Angst und das mit ihr verbundene Risiko: Das Ausgesprochene könnte jemand hören, der es dann an die „große Glocke“ hängt. Nicht auszudenken, was dann erst kommen könnte, wenn Gesagtes staatskritisch ist: Strafanzeigen, Hausdurchsuchungen, Psychoterror, Mobbing bis hin zur Verfolgung durch gewalttätige Extremisten. – Und das im Jahr 2025, mitten im sogenannten freiheitlich-demokratischen Deutschland.
In der DDR waren es Stasi-Spitzel, heute sind es vom Staat geförderte Meldestellen, sogenannte „trusted flagger“-Organisationen. Da wird eben dann über so manches, „wo der Schuh drückt“, nur noch „im vertrauten Kreise“ gesprochen. Und selbst dann besteht die Gefahr, über verdeckte Ermittler denunziert zu werden. Salomo sagt dazu: „Nichts Neues unter der Sonne!“ (Prediger 1,9) – Als ich im August 1989 mit sechs Personen zusammensaß, um über Aktionen zur Befreiung von der DDR-Diktatur zu sprechen, stellte sich im Nachhinein heraus, daß zwei von diesen Leuten vom Ministerium für Staatssicherheit angeheuert waren. – Geschichte wiederholt sich.
Wenn wir Sorgen und Nöte für uns behalten…
Doch das Sprichwort „Da drückt mich der Schuh“ bringt noch etwas ganz anderes zum Klingen – nämlich unsere großen Sorgen und Nöte, die wir nicht jedem anvertrauen. Da ist etwas, das uns zutiefst belastet, aber oft behalten wir es für uns. Gott aber möchte, daß wir offen und ehrlich sind – mit uns selbst, mit IHM und mit anderen. Deshalb muß Licht ins Dunkel! Schweigen ist kein glänzendes Silber, sondern wie schweres Blei, das uns völlig nach unten zieht. Unsere Sorgen und Nöte aber brauchen Heilung, damit wir nicht seelisch und moralisch vor die Hunde gehen.
König David spricht im Psalm 32,3-5 davon: „Als ich es verschwieg, da verfielen meine Gebeine durch mein tägliches Stöhnen. Denn deine Hand lag schwer auf mir … Da bekannte ich dir meine Sünde und verbarg meine Schuld nicht.“ David beschreibt, wie ihn das Schweigen nach unten gedrückt hat und extrem belastete. Und erst, als er all das ausgesprochen hatte wo ihm „der Schuh drückt“, kam Erleichterung. Er konnte wieder frei durchatmen.
Schweigen hält fest in ungeklärten Fragen und Problemen, in Schuld und Sünde. Reden ist goldrichtig, denn es befreit und macht die Seele heil. Gott will nicht, daß wir unsere Nöte verdrängen, sondern daß wir sie IHM bringen. Dazu hat ER uns seinen Sohn in diese verkommene Welt gegeben – das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt (Johannes 1,29).
Zuhören – eine große Herausforderung
Der Apostel Paulus ruft uns dazu auf: Sprich aus, was dich bedrückt! „Seid um nichts besorgt, sondern in allem laßt durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“ (Philipper 4,6–7) Also nicht alles in sich hineinfressen oder jammern, sondern beten und im festen Vertrauen zu Gott reden.
Beten – also das Hintragen unserer Nöte zu Jesus – geht am besten, wenn uns Gott einen Menschen an die Seite stellt, der zuhören kann. Der Sorgenbeladene redet, ich höre zu. Zuhören ist eine der größten Herausforderungen in der Seelsorge. Alles aussprechen, wo „der Schuh drückt“, das kannst du nur, wenn du dich vertrauensvoll darauf verlassen kannst, daß dein – vor dem Kreuz Jesu – Ausgeschüttetes nicht auf den Marktplatz getragen wird. Denn dort zerreißen dein Leben die Hunde (Offenbarung 22,15).
Bringen wir unsere Sorgen nicht zum HERRN, dann schleppen wir sie mit – wie die Heiden – bis an unser Lebensende und nehmen sie mit ins Grab. Sprechen wir aber unsere Sorgen und Nöte aus, dann erleben wir Heilung an Körper, Seele und Geist (1. Thessalonicher 5,23). Dann können wir frohen Herzens in das bekannte Lied „Vergiß nicht zu danken dem ewigen Herrn“ einstimmen, wo es in der zweiten Strophe und im Refrain heißt (singe es einfach mit!):
(2) Du kannst ihm vertrauen in dunkelster Nacht,
wenn alles verloren erscheint
Er liebt dich, auch wenn du ihm Kummer gemacht,
ist näher als je du gemeint.
(R) Barmherzig, geduldig und gnädig ist er
vielmehr, als ein Vater es kann.
Er warf unsere Sünden ins äußerste Meer,
kommt, betet den Ewigen an.
