
von Thomas Schneider
Die Bibel wird oftmals sowohl als Gotteswort als auch als Menschenwort betrachtet. Ist die Bibel also eine Mischung aus Gottesgeist und Menschengeist?
So schreibt beispielsweise der Bund Freier evangelischer Gemeinden (FeG) in seiner Selbstdarstellung, dass die Bibel „Gotteswort im Menschenwort“ sei. In einem FeG-Sonderdruck aus dem Jahr 2019 heißt es: Wer „Gottes Wort“ betone, werde bald „in gesetzlicher Starre nach einzelnen Versen suchen, ohne die Bibel zu verstehen“. Weiter steht dort: Wer nur „Menschenwort“ betone, werde „sich und seine aktuellen Denkvoraussetzungen zum Maßstab aller Dinge machen und dessen Glauben wird an sich selbst hängen.“
Was steht hinter einem solchen Bekenntnis? Wer ist der Verfasser der Bibel? Gott im Menschen? Wie passt es zusammen, wenn Jesus Christus selbst das Wort Gottes ist, aber im Gotteswort auch Menschenwort zu suchen sei? Was geschieht, wenn der Mensch in der Bewertung der Bibel einen geistlichen Spagat unternimmt? Ist es legitim, Menschen davor zu warnen, sie sollten die Göttlichkeit der Bibel nicht überbetonen? Welche Autorität hat die Bibel?
Die Autorität der Bibel in ihrer ursprünglichen Fassung geht aus nichts anderem als aus ihrem Wesen hervor, das in Gott – dem Autor der Schrift – begründet und gegründet ist. Jesus, der Sohn Gottes, stellt sich unter die Autorität und das Wort seines Vaters. Nur der Mensch meint, solches nicht tun zu müssen und vermischt die Autorität der Bibel mit seinem eigenen Denken. Dahinter verbirgt sich die Angst, vom Wort Gottes konfisziert und sklavisch unterdrückt zu werden.
Die „Frankfurter Schule“ der 1960er und -70er Jahre hatte zum Ziel, jegliche Autorität abzuschaffen, so auch die Autorität des allmächtigen Gottes. Man lehrte, dass jede Autorität den Menschen in Knechtschaft und Ausbeutung treibe. Jedes „Du sollst“ sei ein Herrschaftsanspruch, so auch die Gebote Gottes. Jede Gesellschaft bestimme nach Mehrheitsmeinung und Gesetzen die ethischen Normen und das ihnen entspringende Verhalten und Zusammenleben der Menschen. Gott habe da nicht hineinzureden. Alle biblischen Werte für Ehe, Familie, Erziehung, Gemeinschaft etc. werden – medial unterstützt – hinterfragt und nach eigenen Vorstellungen verändert oder für nichtig erklärt. Ehrfurcht kennen die Schüler der „Frankfurter Schule“ nicht – schon gar nicht vor dem lebendigen Gott.
Dadurch, dass Kirchen und Gemeinden, die zunehmend auch Lehren der „Frankfurter Schule“ – wenn auch oft bruchstückhaft – in ihre dogmatischen Grundsätze aufgenommen haben, hat die Bibel ihre Gültigkeit als Gotteswort für Glauben und Leben verloren oder ist nur noch ein religiöses Sahnehäubchen. Der Mensch will sein wie Gott (1.Mose 3). Gehorsam Gott und seinem Wort gegenüber gilt als unterdrückend und freiheitsberaubend. Sobald aber die Gemeinde Jesu die Autorität der Bibel menschlicher Autorität unterordnet, hat sie die ihr zugeschriebene Orientierung und am Ende ihren biblischen Status verloren.
Deshalb ist es notwendig, das geschriebene Wort der Bibel als das von Gott selbst gewirkte, heilige und unantastbare ewige Wort würde- und ehrfurchtsvoll hochzuhalten und die Sichtweise, die Bibel sei „Gotteswort im Menschenwort“ zu verwerfen. Alle 66 Bücher der Bibel sind von Gott geistgehaucht. Zur Niederschrift beauftragte und befähigte Gott: Propheten, Apostel und Evangelisten. Fällt die Autorität der Bibel, dann fällt auch ihre Inspiration. Fällt die Inspiration (Gotteinhauchung), dann fällt auch die Autorität der Bibel als Gotteswort.
In 2. Timotheus 3,16 wird eindeutig die Verbalinspiration der Bibel bezeugt. In der Bibel wird immer wieder bekräftigt, dass der Mensch dem inspirierten Gotteswort weder etwas hinzufügen noch von ihm etwas wegnehmen soll (5.Mose 4,2+13,1; Sprüche 30,5+6; Offenbarung 22,18+19).
Wo allein ist noch Wahrheit zu finden? In Jesus Christus! Und Jesus Christus ist nach Johannes 5,39 im Gotteswort, in der Bibel zu finden. Wenn der Bibel die Autorität abgesprochen wird, allein Gotteswort zu sein, degradiert man sie zu einer Lektüre, der vielleicht an der einen oder anderen Stelle zugebilligt wird, dass dieses oder jenes Gott gesagt haben könnte.
Die Bibel ist und bleibt Gotteswort, auch wenn diese Autorität den Denkhorizont des Menschen unermesslich übersteigt. Es ist falsch zu sagen, die Bibel enthalte Gottes Wort oder sei ein Zeugnis von Menschenwort oder Gotteswort im Menschenwort oder Gottes Wort in Gestalt von Menschenwort. Die Bibel ist und bleibt ohne Umschweife und menschlich-personelle Zutaten Gotteswort von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wer die Verbalinspiration der Bibel ablehnt, lehnt auch die Bibel als Gotteswort ab und relativiert die EINE und für alle Menschen gültige Wahrheit. Wer die Autorität der Bibel ablehnt, sucht in anderen Sphären nach Autoritäten. Wer Gottes Offenbarung leugnet, missachtet oder verwirft, die einzig und allein in der Bibel verankert ist, der sucht in anderen Spären nach Offenbarungen. Deshalb: Sola Scriptura – allein die Schrift.
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Das Bibelmuseum Wuppertal lädt von Samstag 14. Juni, bis Mittwoch 25. Juni 2025 in eine kulturhistorische Ausstellung zur Geschichte der Bibel in die sächsische Stadt Chemnitz ein (Garagen-Campus, Zwickauer Straße 164, 09116 Chemnitz). Eine Vortragsreihe vom 20. bis 22. Juni beginnt mit der Frage „Die Bibel – Gotteswort oder Menschenwort?“ Auf der Internetseite des Bibelmuseums Wuppertal wird man vergeblich nach einer Antwort auf diese Frage suchen.
Auf Nachfrage von AG WELT heißt es in einer Stellungnahme des Bibelmuseums, dass die Besucher der Bibelausstellung „selbst zu einer Antwort kommen“ sollen, „welchen Stellenwert die Bibel für ihr Leben hat, und zu erkennen, dass die Bibel nicht Menschenwort ist, sondern Gotteswort. Wir möchten in der Ausstellung die Exponate und die aufgezeigte Geschichte der Bibel selbst sprechen lassen und vertrauen darauf, dass Gott durch die Geschichte seines Buches zu jedem Besucher spricht, mag er gläubig sein oder nicht.“
Eine solche Klarheit, „dass die Bibel nicht Menschenwort ist, sondern Gotteswort“, ist immer seltener zu finden. So lohnt es sich, diese Bibelausstellung zu besuchen, die darauf ausgerichtet ist, dass nicht Menschenwort, sondern Gotteswort in das Herz des Besuchers hineinspricht, ihn zu Buße und Umkehr leitet, ihn durch eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus in ein neues Leben und am Ende in die himmlische Herrlichkeit führt.