von Thomas Schneider
Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass so manche Oberfromme einfach nicht kapieren (wollen), dass es niemals eine Partei oder eine Regierung oder einen Bundestag mit sündlosen Menschen geben kann. Jeder, der die Bibel aufmerksam liest und Gottes Wort versteht, sollte das wissen.
Deshalb wundert es mich, dass es besonders aus den Kreisen, wo man – vollkommen berechtigt – engagiert und kämpferisch die Treue zur Bibel als dem unfehlbaren Wort Gottes hoch hält, unsägliche Kritik an Alice Weidel hagelt, einer Frau, die vom Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl nominiert und auf dem Bundesparteitag in Riesa bestätigt wurde. Es geht hier um eine Politikerin und um keine Pastorin!
Ja, Weidel lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, zusammen mit einer aus Sri Lanka stammenden Frau und deren zwei Söhne. Und ja, diese Lebensweise, gezeugt von der menschlichen Natur, ist vor Gott Sünde! Ihre Gründe, wieso sie so lebt, diskutiert Weidel nicht in der Öffentlichkeit. Sie verwahrt sich dagegen, als „queer“ bezeichnet zu werden und zeigt damit deutlich, dass sie nicht einem Lobbyismus den roten Teppich ausrollt, der – einer politisch-ideologischen Agenda folgend – die traditionelle Familie aus Vater, Mutter und Kindern bekämpfen und abschaffen will.
Ihre Weltanschauung betreffend, sagte Weidel am 9. Januar in einem Interview mit dem US-amerikanischen Unternehmer Elon Musk: „Und um ehrlich zu sein, bin ich immer noch auf der Suche und weiß nicht, was ich glauben soll. Das nennt man vielleicht einen Agnostiker.“ Weidel ist demnach eine Person, die die Frage nach der Existent oder Nichtexistenz eines Schöpfers nicht beantworten kann. Wer will ihr daraus einen Vorwurf machen? Kein Mensch kann gezwungen werden, an den Gott der Bibel zu glauben! Woher will ein Mensch wissen, was Gott von ihm will, wenn er Jesus Christus nicht kennt?
Wichtiger ist doch, dass sich diese Politikerin auf der Suche nach dem Sinn des Lebens befindet und danach, was sie glauben soll. Wie jeder Mensch, muss auch sie selbst zur Erkenntnis der Wahrheit finden. Noch einmal: Bei Gott gibt es keinen Zwang zum Glauben. Noch sucht Weidel, was sie in Liebe, Ehre und Glück nicht finden kann. Erst dann, wenn sie – weil in allem unbefriedigt – in großer Freiheit bekennen kann, dass sie ein Sünder vor Gott ist, kann sich der Glaube in ihrem Herzen Bahn brechen. In jedem Menschen hat der Schöpfer eine große Sehnsucht hineingelegt: angenommen, wertgeschätzt und heil zu sein. Und ein Mensch, der das Stillen dieser Sehnsucht nicht bei Gott sucht, der sucht es anderswo, wird aber immer auf der Suche bleiben.
Zur menschlichen Natur – oder wie es Martin Luther übersetzt, zu den ‚Werken des Fleisches‘, zählen für Gott eben nicht nur sexuelle Unmoral und Ausschweifung, sondern auch Feindseligkeit, Streit, Eifersucht, Zornausbrüche, Intrigen, Zwistigkeiten, Habsucht, Unanständigkeit, dummes Geschwätz u.a.m. (Galater 5,19f.; Epheser 5,3f.). So darf sich jeder in Christus wiedergeborene Mensch fragen, der mit seinem frommen Finger urteilend oder gar verurteilend auf diese Politikerin zeigt, wie er selbst mit seinem Leben vor Gott steht.