von Olaf Latzel
Liebe Glaubensgeschwister, was macht die evangelische Kirche in Deutschland aus?
Da sind die Einen, die evangelische Kirche als einen organisatorischen Zusammenschluß der Protestanten sehen, die einen mehr oder weniger wertvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben in unserem Land zu leisten haben.
Da sind kritischere Zeitgeister, die Kirche als eine Institution der Macht und des Geldes verstehen, als einen Ort, in dem Menschen viele Fehler begangen haben und auch heute noch begehen.
Wiederum andere erklären, dass die Kirche der Ort sei, in dem Menschen in den Umbruchsituationen ihres Lebens, wie beim Erwachsenwerden, Heiraten oder Sterben rituelle Begleitung finden können und sollen.
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Verständnisse werden dann Zukunftsperspektiven und Entwicklungen in der Kirche diskutiert und Entscheidungen getroffen.
Leider findet – sowohl in der öffentlichen Diskussion, wie auch in den innerkirchlichen Planungen – das entscheidende Wesensmerkmal der Kirche kaum mehr Beachtung: daß die Kirche primär Dienerin des Wortes Gottes zu sein hat. Und sie hat nicht nur Dienerin des Wortes zu sein. Es wird auch in der Diskussion vergessen, daß die Kirche allein durch das Wort Gottes entstanden ist und nur durch das Wort Gottes lebt und wächst.
Die Kirche Jesu Christi aller Zeiten war und ist eine „craetura verbi“, ein Produkt des Wortes Gottes. So haben es uns die Reformatoren in das protestantische Stammbuch geschrieben. Und sie ist nur dort wahre Kirche, wo sie dieses Wort klar und unverfälscht verkündigt, glaubt und lebt.
Philipp Melanchthon, der cogeniale Mitarbeiter Luthers, hat es in der Augsburger Confession einmal treffend auf den Punkt gebracht. Er schreibt, daß zur wahren, zur wirklichen Kirche nur zwei Dinge nötig seien: erstens die reine schriftgemäße Predigt des Evangeliums und zweitens die rechte Verwaltung der Sakramente, die ja das sichtbare Wort sind. Legt man diese gelungene ekklesiologische Beschreibung als Maßstab an die evangelische Kirche, so weiß man um deren unabdingbare Reformbedürftigkeit.
Wie wir alle leider wissen, wird Wort Gottes – die Bibel – fatalerweise von vielen protestantischen Kanzeln in Deutschland preisgegeben und die klare biblische Lehre verlassen. Von zahlreichen ordinierten Theologen, Pastoren und evangelischen Professoren werden die Zentralwahrheiten der Bibel geleugnet und als Mythen abgetan, so etwa die Schöpfung durch Jesus, die leibliche Auferstehung Christi oder die Jungfrauengeburt des Herrn.
Die evangelische Kirche in Deutschland bedarf dringendst der Reform an Haupt und Gliedern. Das eben deshalb, weil die wesentlichen Pfeiler ihres Daseins, sola scriptura (allein die Schrift), sola gratia (allein die Gnade), sola fide (allein der Glaube) und solus christus (allein Christus) von vielen nicht mehr geglaubt, verkündigt und gelebt werden.
Ohne diese grundlegende Kurskorrektur in den zentralen Glaubensfragen hat die evangelische Kirche in Deutschland keine Zukunft mehr und sie wird dann im sechsten Jahrhundert ihres Bestehens in der Bedeutungslosigkeit enden.
Bibeltreue, bekennende Christen wollen und werden diese furchtbare Entwicklung nicht mitmachen. Wir wollen uns nicht über andere erheben. Wo aber das Evangelium verraten wird, da wollen wir uns auch weiterhin mit Gottes Hilfe durch Verkündigung, Gebet und Protestation dagegen stellen. Diesem Erbe waren unsere protestantischen Väter und Mütter im Glauben verpflichtet, die uns vorangegangen sind. Diesem Erbe wollen wir uns auch treu stellen, solange uns der Herr Jesus Gelegenheit dazu gibt. Und so rufe ich ein Wort des Apostel Paulus zu, unter dem unsere Arbeit im Reich Gottes stets stehen möge:
So ermahne ich dich inständig vor Gott und Christus Jesus, der da kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich: Predige das Wort, steh dazu, es sei zur Zeit oder zur Unzeit; weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre. Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren. (2.Timotheus 4,1-4)
Möge der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, einen jeden segnen und behüten, der in diesem Sinne für die Kirche Jesu Christi einsteht.
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Olaf Latzel, Pastor der St. Martini in Bremen, gibt über den Lichtzeichen Verlag eine mehrbändige Predigtreihe heraus. Die ersten 7 Bände sind bereits lieferbar und können hier bestellt werden:
Schwarzbrot für das Leben – Predigtreihe Band I-V: Altes Testament
Schwarzbrot für das Leben – Predigtreihe Band VI Neues Testament
Schwarzbrot für das Leben – Predigtreihe Band VII Neues Testament
Weitere Predigtbände sind in Vorbereitung.