von Thomas Schneider
Während meiner Zeit als Kreisrat für die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU) 2008 bis 2014 im Erzgebirgskreis und als Kandidat für den Sächsischen Landtag hatte ich mehrere Gespräche mit Marco Wanderwitz, der sich nun nach Pressemeldungen aus der großen Politik mit der Begründung zurückzieht, sich und seine Familie vor Hass und Hetze schützen zu wollen und deshalb 2025 nicht mehr für den Bundestag kandidieren wolle.
Immer wieder betonte Wanderwitz in persönlichen Gesprächen, dass er Christ sei. In seinem Lebenslauf steht: „evangelisch-lutherisch“. Doch ihm war es nicht recht, dass ich mich – parteiübergreifend – mit einigen Kreisräten vor jeder Kreistagssitzung zu Andacht und Gebet in einem Nebenraum zum Sitzungssaal versammelte. Nicht nur ihm war es ein Dorn im Auge, dass auch ein Kreisrat von der NPD die Gemeinschaft mit Christen suchte. Selbst wenn die NPD Werte vertritt, die ich als bekennender Christ nicht teilen kann, sind doch die Menschen in einer solchen Partei immer noch Menschen, die Gott liebt!
Seit 2002 ist Wanderwitz Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 2018 bis 2020 war er Staatssekretär im Innenministerium und von 2020 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie sowie Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. Seinem Vorgänger als „Ost-Beauftragter“ hatte man nahegelegt, sein Amt niederzulegen, weil dieser dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich zur Wahl ins Ministerpräsidentenamt in Thüringen gratuliert hatte und den mit den Stimmen der AfD gewählten Ministerpräsidenten einen „Kandidaten der Mitte“ nannte. Die dann von der damaligen Bundeskanzlerin undemokratisch herbeigeführte Entscheidung hatte ausreichend für Schlagzeilen gesorgt.
In einem am 12. Februar 2020 veröffentlichen Interview der linksorientierten „Christlichen Medieninitiative pro“ sagte Wanderwitz (der selbst pro-Mitglied sei) auf die Frage „Wie wichtig ist Ihnen das Christsein?“ u.a. folgendes:
„Ich bin klassischer evangelischer Christ. Ich lebe in einer Region, die früher mal Kernland der Reformation gewesen ist, aber durch Diktaturen des 20. Jahrhunderts, die über drei Generationen gingen, weitestgehend entchristlicht wurde. Und auch das ist ein Stückweit Teil der problematischen Gemengelage in den Neuen Bundesländern. Ich für meinen Teil ziehe für meine politische Arbeit eine ganze Menge an Überzeugungen aus meinem Christsein. Ich bin sehr bewusst in einer Partei Mitglied, die sich das christliche Menschenbild zur Grundlage genommen hat. Und wenn ich mich bei anstehenden schweren Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet habe, dann gibt es mir persönlich eine große innere Ruhe und Freiheit, wenn ich weiß: „Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, der Herr allein lenkt seinen Schritt.“ Sprich: Mein Tun ist irdisches Tun, und der liebe Gott schaut nochmal drüber.“
Im Weiteren sagte Wanderwitz:
„Ich gehe leider viel zu selten in den Gottesdienst, weil ich zu viel unterwegs bin. Ich komme eigentlich häufiger auswärts dazu, mal in die Kirche zu gehen, als bei mir zu Hause. Ich bin also kein aktives Gemeindemitglied, aber ich fühle mich gut aufgehoben und besuche natürlich häufig Veranstaltungen der Landeskirchlichen Gemeinschaft bei mir in der sächsischen Heimat. Auch das Wissen, dass Menschen für mich und meine Arbeit beten, gibt mir Kraft.“
Gegenüber dem früheren Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der FREIEN PRESSE, sagte Wanderwitz nach Bekanntwerden seines Rückzuges: „Ich muss meine Familie und mich körperlich und seelisch schützen.“ Vor wem? Das ist eine unbeantwortete, aber entscheidende Frage! Wanderwitz ist Rechtsanwalt und weiß, welche Wege zu beschreiten sind, sollten Leib und Leben eines Menschen in Gefahr sein. Menschen, die einem Mitmenschen und dessen Familie nach dem Leben trachten, müssen strafrechtlich verfolgt und einer gerechten Strafe zugeführt werden.
Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Wanderwitz ist Hauptinitiator eines Prüfantrags für ein AfD-Verbotsverfahren, den er gemeinsam mit mehr als 100 Abgeordneten eingereicht hat. Nun mutet es schon etwas komisch an, dass gerade die FREIE PRESSE zum Wanderwitz-Rückzug einen Beitrag mit der Überschrift veröffentlicht „Mutiger Demokrat oder Nestbeschmutzer? Marco Wanderwitz polarisierte im Osten wie kein anderer CDU-Politiker“. Im „Fall Wanderwitz steckt noch mehr dahinter“, schreibt das Organ. Wie kein anderer sächsischer Politiker habe Wanderwitz stark polarisiert. Schonungslos habe er an den Verhältnissen in Ostdeutschland Kritik geübt. Es sei ihm „nicht gelungen, mit seinem politischen Kurs Mehrheiten zu organisieren. In der CDU nicht – und in der Bevölkerung schon gar nicht“. Gerade in den Augen junger Menschen sei Wanderwitz zum ‚Ostbeschimpfungsbeauftragten‘ geworden. Und die FREIE PRESSE fragt „…ob sich Wanderwitz mit seiner Verbissenheit bei einem AfD-Verbotsverfahren am Ende nicht doch verrannt hat“.
Eine große Mitschuld an seinem politischen Versagen gibt Wanderwitz der ‚Zivilgesellschaft‘, heißt: dem Volk. Weil in Umfragen zur Landtagswahl in Sachsen und Sachsen-Anhalt 2021 die AfD führte, warf er den Bürgern im Osten Deutschlands mangelndes Demokratieverständnis vor, wofür er auch Kritik aus seiner eigenen Partei erntete.
Hätte Wanderwitz tatsächlich – wie er gegenüber pro äußerte – für seine politische Arbeit eine ganze Menge an Überzeugungen aus seinem Christsein gezogen, wäre sein Handeln nicht in Hass und Hetze gegen eine demokratische gewählte Partei umgeschlagen, der er nun vielleicht auch deshalb einen schmutzigen Kampf angesagt hat, weil er bei der letzten Bundestagswahl sein Direktmandat an einen Kandidaten der AfD abgeben musste. Sein Agieren gleicht wohl kaum dem, was er als Christ leben sollte, sondern eher einer aggressiven Haltung gegenüber Andersdenkenden. So führt (und man kann jetzt wohl schon sagen: führte) Wanderwitz eine Politik, die in das Konzept von Angela Merkel passte, der er recht nahe stand. Wanderwitz folgte seinem eigenen Rat nicht: „Mein Tun ist irdisches Tun, und der liebe Gott schaut nochmal drüber.“ Konnte er wohl auch nicht. Denn es gibt keinen „lieben Gott“, sondern nur einen die Menschen liebenden und gerechten Gott, der sie durch Jesus Christus zur Erkenntnis der Wahrheit führen will.