von Michael Kotsch
Willow-Creeks fragwürdige Redner
Offensichtlich sind die beiden mormonischen Redner des Willow-Creek-Leitungskongress 2016 (Liz Wiseman und Joseph Grenny) nicht ganz zufällig eingeladen worden. Schon seit 2013 besteht eine gute und vorgesetzte Zusammenarbeit der mormonischen Bestsellerautoren mit Willow-Creek. Bereits zum amerikanischen Willow-Creek-Leitungskongress 2013 (Global Leadership Summit) hielten beide ein Referat. Ein Jahr später (2014) sprach Joseph Granny auf dem spanischsprachigen Willow-Creek-Kongress (La Cumbre Global de Liderazgo). Im Jahr 2015 hielt Liz Wiseman auf einem nächsten Willow-Creek-Kongress einen weiteren Vortrag.
Auch andere, von Willow-Creek als Redner eingeladene Prominente, haben einen nicht unproblematischen religiösen Hintergrund. Der 2013 bei Willow-Creek in den USA aufgetretene vierfache Emmy Award-Preisträger Mark Burnett leitete im gleichen Jahr eine mormonische Großveranstaltung in Salt Lake City (A Concert of Praise). Auch der in Fachkreisen bekannte indische Wirtschaftsautor Vijay Govindarajan war 2013 einer der Hauptredner auf dem amerikanischen Willow-Creek-Leitungskongress. Außerhalb evangelikaler Veranstaltungen betont Govindarajan stets, wie wichtig die hinduistische Mythologie für die Entwicklung seiner auch bei Willow- Creek vorgestellten Innovationstheorie war. Aus der Analyse der drei hinduistischen Hauptgötter Vishnu, Shiva und Brahma habe er seine Prinzipien der Leiterschaft und der Innovation abgeleitet.
Bei vielen der zu Willow-Creek-Kongressen eingeladenen Redner scheint die Prominenz deutlich wichtiger gewesen zu sein als ihre Verwurzelung im christlichen Glauben. Ein Großteil der Referenten (z.B. Condoleezza Rice 2012; Sheryl WuDunn 2012; Colin Powell 2013; Vijay Govindarajan 2013; Liz Wiseman 2013; Henry Cloud 2013; Jeffrey R. Immelt 2014; Carly Fiorina 2014; Joseph Greeny 2014; Jim Collins 2015; Sallie Krawcheck 2015; Ed Catmull 2015) kamen aus Wirtschaft oder Politik und waren darum bemüht, säkulare Managementprinzipien als neues Vorbild für christliche Leiterschaft zu vermitteln.
Brillante Redner ohne christlichen Glauben
Zweifellos handelt es sich bei den eingeladenen Prominenten um brillante Redner, die oftmals mit dem christlichen Glauben allerdings nur wenig bis garnichts zu tun haben. Kaum einer dieser Redner begründete seine Anregungen zu besserer Leiterschaft mit biblischen Vorbildern oder christlicher Lehre. Natürlich waren diese Prominenten nicht die einzigen Redner. Immer sprachen auf den Willow-Creek-Leitungskongressen auch christliche Führungskräfte. Dort aber, wo Spannungen zwischen Strategien aus Politik bzw. Wirtschaft und christlichen Leiterschaftsprinzipien auftauchten, wurden diese zumeist weder benannt noch aufgelöst.
Bewusst als christlich organisierte Kongresse genießen beim evangelikalen Publikum zurecht einen erheblichen Vertrauensbonus. Das sollten Veranstalter solcher Events bei der Auswahl ihrer Redner und deren Vorstellung berücksichtigen. Wenn gute Redner aus einem Sekten- Hintergrund kommen, sollte das zumindest für die Besucher des Kongresses deutlich gemacht werden. Wenn ein Redner seine Strategien aus einer anderen Religion (wie in diesem Fall aus dem Hinduismus) ableitet, sollte auch das erwähnt und gegebenenfalls aufgearbeitet werden.
Mormonen versprechen ihren Anhängern eine evolutionäre Gottwerdung. Sie beziehen ihre Informationen neben der Bibel aus weiteren, vorgeblich ihrem Propheten geoffenbarten Schriften. Sie halten Jesus Christus für einen zu Gott gewordenen Menschen.