(AG WELT) Die „Christian Science“, deutsch: „Christliche Wissenschaft“, macht mobil und lädt bundesweit über Plakatierung in öffentlichen Verkehrsmitteln zu einer fast 20-teiligen Vortragsreihe ein. Stationen sind u.a. Ulm, Esslingen, Stuttgart, Berlin, Nürnberg, Düsseldorf, Hannover und Lübeck.
Wie den Plakaten (siehe Foto) zu entnehmen ist, will man in den Vorträgen, Podiumsdiskussionen und öffentlichen Gesprächskreisen Antworten „auf Hass und Terror“ und auf Fragen zur Gesundheit und zur Heilung durch Gebet geben.
Der Name dieser weltweit agierenden Organisation geht auf eine Lehre zurück, die 1866 Mary Baker Eddy (1821–1910) entwickelt und sich seit 1896 auch in Deutschland ausgebreitet hat.
Die Dreieinigkeit Gottes wird abgelehnt
Die Lehrsätze dieser Religionsgemeinschaft richten sich sowohl gegen eine historische Auslegung der Bibel als auch gegen die Verbalinspiration der Heiligen Schrift. Die Trinität – also die Dreieinigkeit Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist – wird kategorisch abgelehnt. In der Definition, alles Böse sei unwirklich, finde der Mensch letztlich Vergebung. Gott sei „göttliche Liebe, höchster Vater-Mutter“. Die Schriften von Baker Eddy, so auch „Die Einheit des Guten – Christliches Heilen“, sind zusätzlich zur Bibel Grundlage für alles Denken und Tun der Religionsanhänger.
Allein „die Kraft des Geistes“ würde Menschen Heilung bringen und lehrmäßig festgelegte Gebetshaltungen könnten Heilungskräfte entfalten. Ein sogenanntes „Kirchenhandbuch der Christlichen Wissenschaft“ soll eigens berufene „Pfleger“ und „Praktiker“ befähigen, Heilung herbeizuführen und einen anschließenden Heilungsprozess zu begleiten. Sie haben nach eigenen Angaben keinerlei medizinische Ausbildung oder Befähigung und stünden ausschließlich Menschen zur Verfügung, die den Heilungsmethoden der „Christlichen Wissenschaft“ vertrauten.
Materie ist das Unwirkliche und Zeitliche
Auf der Webseite der Organisation heißt es:
„Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie. Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Manifestation, denn Gott ist Alles-in-allem. Geist ist unsterbliche Wahrheit; Materie ist sterblicher Irrtum. Geist ist das Wirkliche und Ewige; Materie ist das Unwirkliche und Zeitliche. Geist ist Gott und der Mensch ist Sein Bild und Gleichnis. Folglich ist der Mensch nicht materiell; er ist geistig.“ Wissenschaft und Gesundheit Seite 468:8-15
„Geist“ bedeutet in der Christlichen Wissenschaft „ein Prinzip, eine Gegenwart, ein Wirken, ein Wissen.“ Die These dieser Lehre, Materie sei „sterblicher Irrtum“, ist beispielsweise auch in fernöstlichen Religionen zu finden.
Eine Art metaphysische Philosophie
Baker Eddys System greift zwar biblische Wahrheiten auf, stellt sich aber zugleich über das Selbstverständnis der Heiligen Schrift. In der Bibel aber geht es nicht um ein „göttliches Prinzip“, wie es die Gründerin der Organisation versteht, sondern um den in Jesus Christus Mensch gewordenen Gott. Dieser ist deshalb nicht nur „geistig“ zu verstehen, sondern als fassbare Wirklichkeit. Somit bleibt die Lehre der „Christlichen Wissenschaft“ in einer Art metaphysischer Philosophie stecken.
In Deutschland gibt es schätzungsweise 2.000 Anhänger. In einigen Bundesländern hat die „Christliche Wissenschaft“ den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Mutterkirche der religiösen Gemeinschaft ist die „The First Church of Christ, Scientist“ in Boston, Massachusetts (USA). Die Mitgliederzahl aller zugehörigen Gemeinden wird weltweit auf etwa 400.000 geschätzt.