Wer glaubt denn heute noch an das, was in der Bibel steht. Ist es nicht endlich an der Zeit, sich als Mensch im 21. Jahrhundert einzufinden und die alten biblischen Geschichten in das Regal der Mythen und Sagen einzuordnen? Wir sind doch irgendwie alle auf dem Weg sich stetig verändernder und anpassungsfähiger Wahrheiten – oder?
Am 31. Dezember 2100 wird es ganz sicher keinen Menschen mehr geben, der tatsächlich glaubt, dass ein Gott Himmel und Erde in sechs Tagen geschaffen hat. Dafür wird schon die Kirche selbst sorgen – wenn es sie bis dahin überhaupt noch gibt – und diesen Kinderkram-Glauben ausrotten. Eine brillante Vorreiterin gegen den fundamentalistischen Glauben, dass Jesus von Nazareth von einer Jungfrau geboren worden sein soll, ist die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017.
Dieser Jesus wird, hoffentlich bald und wenn überhaupt nur noch in Geschichtsbüchern als Revolutionär neben Ho Chi Minh, Karl Marx und Friedrich Engels zu finden sein. Jedenfalls sollte unterbunden werden, dass dieser vermeintliche Gottessohn als Retter der Welt weiter in aller Öffentlichkeit angepriesen wird. Das geht überhaupt nicht! Wenn einer die Welt retten kann, dann ist es der Mensch selbst. Schließlich ist dieser Jesus doch den Märtyrertod am Kreuz gestorben. Dass er von den Toten auferstanden und ein paar Leuten lebend begegnet sein soll, passt doch wohl mehr in einen Science Fiction – Bestseller – oder?
Im Übrigen stehen in der Bibel furchtbare Dinge, die diesem Buch den Platz 1 auf der Liste verbotener Bücher bescheren sollte. Da wird beispielsweise dazu ermutigt, die eigenen Kinder zu züchtigen; und der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern oder zwei Frauen wird als Gräuel bezeichnet, wo das doch selbst in kirchlichen Kreisen mehr und mehr praktiziert und legalisiert wird.
Und was das total Verrückte an der ganzen heiligen Geschichte ist, dass Gott diesen Jesus für das kleinste Versagen eines jeden Menschen geopfert haben soll. Wer opfert schon seinen eigenen Sohn und lässt ihn einen bestialischen Tod sterben? Daran glaubt ja nicht einmal der höchste Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Was mich aber immer wieder nachdenklich macht ist die Tatsache, dass viele Menschen an all das glauben, was in der Bibel steht. Sie können das ganze Geschehen mit Gott, Jesus und dem Heiligen Geist zwar nicht beweisen, aber sie halten so sehr daran fest, dass sie sich für ihren Glauben sogar foltern und umbringen lassen. Welcher normal denkende Mensch würde schon für eine Fiction in den Tod gehen? Vielleicht ist ja doch ein Funke Wahrheit in der Bibel zu finden, den ich noch nicht entdeckt habe. Vielleicht sollte ich mich da wirklich mal reinlesen. Bei meinen antiquarischen Büchern steht die Bibel meiner Oma. Schlage ich sie doch einfach mal auf. Oh! Ganz schön verstaubt. Sie hat sogar noch ihr selbstgebasteltes Lesezeichen drin. Johannes, 7. Kapitel. Den Vers 38 hat sie dick unterstrichen:
„Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
Ich hatte meine Oma wirklich sehr lieb. Und ich erinnere mich daran, dass Oma mit mir gebetet hat: „Ich bin klein, mein Herz mach rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Ist dieser Jesus vielleicht doch für mich, der ich mich bisher vehement gegen ihn gesträubt habe, ans Kreuz gegangen? – Hier liegt noch ein kleiner Brief in Omas zerlesener Bibel: „An meinen Enkel“. – An mich? „Mein liebes Enkelkind, bis zu meinem Tod habe ich für dich gebetet, dass du diesen Jesus findest, von dem in der Heiligen Schrift so viel geschrieben steht; und dass du damit beschenkt wirst, dem Wort Gottes vom ersten bis zum letzten Buchstaben zu glauben.“
Dass ich in meinem Alter noch mal weine, hätte ich nie gedacht. Und dann auch noch wegen dem, von dem ich immer geglaubt habe, dass es ihn nicht gibt. Jesus, wenn es dich wirklich gibt, dann komm in mein Leben! Verzeih mir, dass ich gegen dich gelästert habe. Ich will mein Leben von dir ordnen lassen und von vorn anfangen. – Hier hat Oma noch einen Merkzettel hinterlassen:
„Jesus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.“
Heute ist der beste Tag meines Lebens!
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Erzählung von Thomas Schneider, nach einer wahren Begebenheit