(AG WELT) „Hendrik Heidler hilft als der `Bergschamane vom erzgebirgischen Scheibenberg` Menschen, zum Beispiel nach Krankheiten oder Unfällen wieder zum Einklang mit den Kräften des Lebens und zu Glück, Harmonie und Lebenssinn zu finden. Um dabei vielfältigste Lebensenergien anzusprechen, wirkt er als Kräuterkundler, Heiler und Psychotherapeut zugleich.“
So beginnt ein Werbetext auf der Internetseite des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD) für einen Mann, der nach einem schweren Unfall seine Graphikdesign-Firma aufgeben musste, eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolvierte und vor fünf Jahren als sogenannter „Schamane“ eine „Traumzeit“-Praxis eröffnete. Schon bald wurden die Medien auf den Aussteiger aufmerksam. In der Talkrunde „Unter uns. Geschichten aus dem Leben“ im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) präsentierte Heidler 2011 vor einem großen Fernsehpublikum seine Weltanschauung. Er versuche, „die Kräfte“, in die Menschen „eingewoben“ seien, „zu gestalten“. Das Trommeln während einer Sitzung bewirke einerseits die Veränderung der „Gehirnwellen“ und könne so in meditative Zustände führen, andererseits wollen „Kräfte inszeniert sein“, so Heidler. Heilen könne er „theoretisch alles“, je nachdem wie „das Individuum beschaffen“ sei (Quelle: youtube.com)
Der Schamanismus und sein Gefolge
Der Schamanismus ist ein Geisterkult, der insbesondere in Nord- und Zentralasien, Australien, Afrika, Nord- und Südamerika praktiziert wird. Schamanen arbeiten als Medizinmänner und Magier, verstehen sich als Mittler zwischen Mensch und Geisterwelt und sehen ihren Auftrag darin, Menschen vor den Einflüssen böser Geister zu bewahren oder sie von ihnen zu befreien. Sie sind davon überzeugt, dass insbesondere Krankheiten auf die Wirkung böser Geister zurückzuführen sind.
Etwa seit den 1980er Jahren gewinnt der Schamanismus in Form des Neoschamanismus in Europa, insbesondere auch in Deutschland, an wachsender Bedeutung. Meist sind es selbsternannte „Heiler“, die bestimmte Diagnose- und Heilverfahren anbieten, die sie methodisch aus dem Schamanismus asiatischer und amerikanischer Ureinwohner ableiten und zusätzlich angereichert mit esoterischem Gedankengut neureligiöser Bewegungen (z.B. New Age) der westlichen Kultur anpassen. Diesem modernen westlichen Schamanismus ist auch Heidler aus der sächsischen Kleinstadt Scheibenberg zuzuordnen.
Heilung zu neuer Lebendigkeit
„Auf Traumzeitpfaden am Lagerfeuer“ bietet der 51-jährige Interessierten die Möglichkeit, in einem sieben Meter großen Tipi (Zelt) im Stil nordamerikanischer Sioux-Indianer durch Herausführen aus alltäglichen Gewohnheiten „neue Sinneseindrücke“ zu erleben. In einem Tagesseminar (Barzahlung einmaliger Einführungspreis 50 Euro) wird „grundlegend mit allen bisherigen Vorstellungen individueller Heilung ebenso gebrochen, wie mit den Grenzen in Kopf und Gesellschaft, die diese verhindern“, so Heidler. So würden „Wege und Methoden aufgezeigt und gemeinsam erprobt, die über bisherige Begrenzungen“ hinausführten. Erwachsene sollen „Heilung zu neuer Lebendigkeit“ erfahren. Jugendlichen wird offeriert, wie sie ihre „Lebenskraft als Heiler“ entdecken und gestalten könnten. Auch Kinder könnten sich „wieder den natürlichen Kräften der Natur nähern“, indem sie die „Wandlungskraft des Mondes und des Wassers entdecken“ oder sich selbst „als Kraft der Sonne, des Mondes und der Sterne“ erleben.
Heidler will Menschen beibringen, wie sie „im Kreis die Welt begreifen“. Der in vier Segmente (Welt = Feuer/Erde/Luft/Wasser) unterteilte „Kreis“ wird im Schamanismus als Symbol der Vollständigkeit verstanden. Den einzelnen Segmenten werden bestimmte Attribute (z.B. Feuer: Männlichkeit, Erde: Weiblichkeit, Wasser: Kinder, Luft: Verstand) Himmelsrichtungen zugeordnet. Anhand weiterer Untergliederungen und dem Wissen über den im Kreis befindlichen Menschen schafft sich der Schamane ein eigenes mentales Universum, steigt tief in das Leben des Menschen ein, um bei ihm die gewünschte Balance im Leben herzustellen. Also genau das, wonach sich viele ausgebrannte, oder wie es Heidler formuliert: „vereinsamte und missachtete Menschen durch allzu oft verhinderte Träume sehnen.“ Sie sollen „Anerkennung und Geborgenheit“ sowie „Entlastung von gelebten Rollen und Anforderungen“ erfahren. Im Miteinander zeige sich, „wie Gutes im Wesen jedes Menschen angelegt“ sei und „nie wirklich verloren“ gehen könne. Durch „Verletzungen und Begrenzungen“ sei es nur verschüttet und könne freigelegt werden. Dabei sei der „Kreis“ ein „über Jahrhunderttausende von Jahren bewährter Weg, menschliches Leben im Einklang mit sich und der Natur zu gestalten“ und „die beste Form der heilsamen Veränderung“. Man müsse nur herausfinden, was menschlich ist, so Heidler.
Träume zum Heilwerden
Heidler ist nicht nur Herausgeber einer eigenen „Traumzeitung“, sondern auch Kinderbuchautor. Nachdem er keinen Verlag gefunden hatte, gründete er selbst einen, den „traumvat-Verlag“. Unter dem Titel „Die Blaue Plapperblume“ hat er 2013 sein erstes Märchenbuch herausgegeben. Darin geht es ihm nach eigenen Angaben um „Träume und
Wirklichkeiten“, wie sie „jeder Mensch kennt und braucht, um heil zu sein“. Eine Mischung aus Erfindung, Mythen, Sinnfragen und „natürlicher Magie“. Träume seien, so der Autor, „wirklich echt“. Heidler lädt Kinder mit seinen Buchlesungen dazu ein, „gewohnte Pfade zu verlassen, um aus wohltuenden Träumen Freude am Sein zu finden.“
Persönlichkeitsschau mit Yin und Yang
Über Heidlers Internetseite (hendrik-heidler.de) kann sich jeder Neugierige für 35 Euro einer „ausführlichen Persönlichkeitsschau“ unterziehen. Der auf dem Fragebogen abgebildete Kreis verrät wieder die Zielrichtung des Tests. Eingebettet zwischen Feuer, Erde, Luft und Wasser ist das Symbol für „individuelles Yin und Yang“ zu finden. Die Begriffe Yin und Yang bezeichnen Gegensätze und stammen aus der chinesischen Philosophie. Die Sichtweise des Menschen auf bestimmte Lebensbezüge soll ein Gleichgewicht zwischen Gegensätzlichem herstellen.
Heidler verspricht: „Sie erhalten… individuelle Aussagen zu Ihren Wesenskräften…, derzeit förderlichen bzw. hinderlichen Kräften und in welchen Bereichen sich möglicherweise Lösungen finden lassen. Im Sinne der Sache gebe ich alles, was ich dabei sehe…“ Nur wenn die „Traumlandschaft“ bei einem Menschen gesund sei, werde sich aus ihr auch „Gesundheit entfalten“. Sei sie nicht in Ordnung, wirke Heidler mit dem Betroffenen gemeinsam „in dieser Landschaft“, um dort „bewusst und aktiv das zu verändern“, was eine „Heilung bisher verhinderte“. So könne man erfahren, „ob es mehr gibt zwischen Himmel und Erde“.
Während der Sitzungen empfiehlt er „Begleitpersonen zur Stütze“, die besonders „bei Kindern oft erforderlich“ seien. Der „Bergschamane“ sieht seinen Auftrag auch durch die Worte des Dalai Lama bestätigt: „Der Planet braucht keine erfolgreichen Menschen mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Arten.“ Energetisch-schamanisches Heilen helfe, so Heidler, bei jeder Krankheit, weil „letztlich jeder Erkrankung eine geistartige, energetische Ursache zu Grunde“ liege, „die gewandelt werden“ könne.
Dabei seien viele Wege möglich, vom Auflegen der Hände bis hin zu intensiv gestalteten Heilwochenenden mit wirkungsvollen Techniken. Heidler lässt an seiner Fähigkeit, „Menschen durch seelische Bewusstheitserweiterung wieder in einen harmonischen Gesundheitszustand fließen zu lassen und dabei zu begleiten“, keinen Zweifel: „Ich gestalte dabei mit meinen Händen, meiner Stimme, meinen Augen, meinen Bewegungen aus einem gewissen Abstand oder auch direkt am Körper den energetisch-geistigen Bewusstheitszustand des Klienten heilsam neu.“ Aus seiner Sicht gebe es keine Krankheiten im klinischen Sinn, sondern „Einschränkungen in der Entfaltung der vollkommenen ewigen Seele“.
Der Bergschamane agiert auf dem Feld von Magie und Zauberei
Der „Bergschamane“ Heidler agiert auf dem Feld von Magie und Zauberei. Er (ver-)führt Menschen in eine „Traumwelt“, um über schamanische Rituale und Zeremonien mit übernatürlichen Heilgeistern Kontakt aufzunehmen. Menschen, die sich auf „zauberhafte“ Kräfte und Energien einlassen, sind dem Aberglauben verfallen. Gottes Wort ist eindeutig: Wer Zauberei betreibt, wird das Reich Gottes nicht ererben (Gal 5,20-21). Christen beten zu ihrem himmlischen Vater: „Dein Wille geschehe!“ Wenn wir mit allen Sinnen und Verstand bewusst so beten, sollten wir auch damit klarkommen, dass Gott wohl unser Bitten und Flehen hört, aber Er nicht jedes körperliche oder seelische Gebrechen so von uns nehmen wird, wie wir es wollen.
[Dieser Beitrag ist im BRENNPUNKT WELTANSCHAUUNG 3/2013 erschienen.]