(AG WELT) In einer Pressemitteilung teilt die „Stiftung Ravensburger Verlag“ mit, dass ein von ihr gefördertes Tübinger Forschungsteam „viele Defizite in Sachen interreligiöser Bildung in Deutschlands Kitas“ diagnostiziert habe.
Dazu fand unter der Überschrift „Mein Gott, Dein Gott – kein Gott?“ am 13. Dezember in Berlin eine Fachtagung der Stiftung statt, zu der 150 Verantwortlichen aus Trägerorganisationen von Kindergärten, Bildungs-, Sozial- und Jugend-Politik sowie aus Bereichen der Forschung die Ergebnisse der Studie präsentiert wurden.
In der Eröffnungsrede zur Fachtagung erklärte die Stiftungsvorsitzende Dorothee Hess-Maier:
„Die Bevölkerungsstrukturen in Deutschland haben sich stark gewandelt. Integration und Toleranz gehören zu den wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit, um das friedliche Zusammenleben zu sichern. Möglichst früh, schon im Vorschulalter, sollten Kinder deshalb andere Kulturen und Religionen wahrnehmen, fremde Gewohnheiten und Rituale kennen lernen.“
Erstmals sei, so Hess-Maier, gelungen, „ein repräsentatives, facettenreiches, differenziertes und für die Praxis nützliches Bild zur interkulturellen und interreligiösen Situation in deutschen Kitas und Kindergärten“ zu erhalten.
84 Prozent der Erzieherinnen gaben in der repräsentativen Befragung an, in ihrer Gruppe Kinder mit Migrationshintergrund zu betreuen. Jedes achte Kind in einer deutschen Kindertagesstätte stamme aus einer muslimischen Familie. 58 Prozent der Befragten gaben an, dass Kinder in Kitas aus religiösen Gründen bestimmte Lebensmittel nicht essen dürften.
Der katholische Religionspädagoge Professor Dr. Albert Biesinger kritisierte währen der Veranstaltung, dass nur 7 Prozent der untersuchten Kindertagesstätten einen Moscheebesuch im Programm hätten.
Man dürfe nicht aus Angst vor Konflikten die Religionen aus den Kindergärten verbannen, gab der evangelische Religionspädagoge Professor Dr. Friedrich Schweitzer zu bedenken. Religion sei eine „positive Ressource“ und kein Problemfaktor.
Die Wissenschaftler stellten „für Praxis und Politik“ einen Empfehlungskatalog „zur interreligiösen Bildung in Kindertagesstätten“ vor. So sollen den Kindern „Geschichten aus Bibel und Koran“ vorgelesen oder erzählt und „gemeinsame Figuren wie Abraham, Mose und Jesus sichtbar“ gemacht werden.
Interreligiöse und interkulturelle Bildung sollen, so das Forscherteam, „zum festen Bestandteil von Fortbildungen und Ausbildungsplänen von Erzieher/innen“ werden.
Das Wissenschaftlerteam an der Universität Tübingen interviewte Eltern und Kinder und befragte über 2.800 Erzieherinnen an 487 Kitas.
Ob in deutschen Kindergärten künftig das Christfest, der islamische Ramadan und das jüdische Fest Chanukka von allen Kindern gemeinsam gefeiert werden sollen, bleibt im Ergebnis der Studie offen.