
von Thomas Schneider
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am 10. November dieses Jahres eine neue Denkschrift herausgegeben mit dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick. Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen“. Sie reagiert damit auf eine veränderte Weltlage, zunehmende Kriegs- und Krisensituationen, hybride Kriegsführung, neue Waffentechnologien usw.
Dieses Memorandum ist in weiten Teilen nicht klar bibeltreu, weil sie nicht von der göttlichen Autorität der Schrift ausgeht (2. Timotheus 3,16–17), sondern von ethischer Reflexion, Vernunft und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Das zeigt sich daran, daß biblische Aussagen über Krieg, Frieden, Gerechtigkeit und die gefallene Welt nur punktuell vorkommen und weder normsetzend noch richtungsweisend sind.
Der Friede der Bibel ist ein anderer
Statt das Wort Gottes als letzte Instanz zu gebrauchen, wird im EKD-Papier der Mensch mit seiner politischen Vernunft in den Mittelpunkt gestellt. Das widerspricht der biblischen Friedenslehre, die nicht aus dem Gedankenaustausch, sondern aus der Offenbarung Gottes resultiert.
So heißt es im Psalm 119,105: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ Und im Johannesevangelium (14,27) wird Frieden definiert, wie ihn Jesus Christus verordnet: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
Die Denkschrift spricht von „gerechtem Frieden“, aber nicht vom Frieden in Christus. Der Friede der Bibel ist nicht zuerst ein sozialer oder politischer Zustand, sondern die Versöhnung mit Gott durch das Kreuz Jesu Christi. Davon ist in der Denkschrift kaum die Rede – stattdessen wird Frieden als „gesellschaftlicher Prozess“ oder „ethisches Ziel“ verstanden.
Kirche muß zum Frieden mit Gott führen
Aufgabe der Kirche ist es, einen Frieden zu verkündigen, den Jesus Christus vollbracht hat durch sein Blutvergießen am Kreuz (Kolosser 1,20) – Frieden mit Gott. „Und Christus ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren.“ (Epheser 2,17).
Mit der evangelischen Denkschrift wird der biblische Friede (hebr. schalom, griech. eirēnē) verweltlicht und entgeistlicht. Ein Friede ohne Christus ist kein wahrer Friede: „Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33)
Aus biblischer Sicht überschreitet die EKD ihre Berufung, da sie staatliche Gewalt ein „ultima ratio“ als legitimes Mittel der Friedenssicherung anerkennt. Das mag politisch nachvollziehbar sein. Die Gemeinde Jesu aber hat nicht den Auftrag, mit dem Schwert zu kämpfen, sondern mit geistlichen Waffen (Epheser 6,11-17). Römer 13 rechtfertigt – unter starken Begrenzungen und Auflagen – die staatliche Gewalt für den Staat als Obrigkeit, aber nicht für die Kirche. Wenn die EKD nun diese staatliche Gewalt ethisch legitimiert oder als „notwendig“ ansieht, dann verliert sie die notwendige Distanz zur Welt. Statt die Welt zu evangelisieren, also ihr die frohe Botschaft von der Rettung durch Christus zu bringen, paßt sich die EKD ihr an.
Gewalt als letzte Möglichkeit?
Mit ihrer Denkschrift bezeichnet die EKD Gewaltfreiheit zwar als Ideal, aber nicht als bindendes Gebot Jesu: „Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen.“ (Matthäus 5,44) Das ist theologisch problematisch: Denn das Wort Jesu ist nicht ein „Ideal“, sondern Gottes verbindlicher Wille. Indem die EKD sagt, Gewalt könne „als letzte Möglichkeit“ gerechtfertigt werden, relativiert sie die Autorität der Worte Christi und baut mit ihrem Memorandum auf Sand (Matthäus 7,24-27). Die Bibel sagt klar und deutlich: Die Ursache des Unfriedens ist die Sünde (Jakobus 4,1-2). Für die EKD-Denkschrift trifft Römer 3,17 zu: „den Weg des Friedens kennen sie nicht“.
Solange der Mensch nicht durch Buße und Wiedergeburt (Johannes 3,3) erneuert wird, kann kein wahrer Friede entstehen. Die Denkschrift spricht viel von „Gerechtigkeit“, „Freiheit“ und „Menschenrechten“, aber kaum von Buße, Bekehrung oder Sünde. Damit wird die Wurzel des Problems nicht erkannt – nur die Symptome werden ethisch behandelt. Das ist eine anthropozentrische (auf den Menschen im Mittelpunkt bezogene) Friedensethik, keine biblische.
EKD will Himmel auf Erden
Wenn die EKD den Frieden als „gesellschaftliche Aufgabe“ beschreibt, verkommt das Evangelium zum Programm für Weltverbesserung. Kirche aber soll in dieser gefallenen Welt nicht das Reich Gottes politisch verwirklichen, sondern Zeugnis geben vom kommenden Reich (Johannes 18,36). Die Denkschrift verkennt damit den eschatologischen Charakter des Friedens – sie will den Himmel auf Erden, bevor der Friedefürst wiederkommt.
Die Denkschrift redet fast ausschließlich von „Dialog“, „Vielfalt“ und „friedlichem Zusammenleben“. Aber die Bibel sagt klar: Friede ohne Wahrheit ist kein Friede. „Propheten und Priester gehen alle mit Lüge um und heilen den Schaden meines Volks nur obenhin, indem sie sagen: »Friede! Friede!«, und ist doch nicht Friede.“ (Jeremia 6,14). Wenn Unrecht, Götzendienst oder Abkehr von Gott nicht beim Namen genannt werden, ist der Denkschrift-Friede falsch. Der wahre Friede gründet in Gerechtigkeit nach Gottes Maßstab, nicht in pluralistischer Toleranz (Jesaja 48,22).
Fazit
Das Anliegen, Gewalt zu verringern, ist biblisch richtig (Römer 12,18). Die Betonung der Verantwortung gegenüber Schwachen und der Schutzpflicht spiegelt biblische Werte (Sprüche 31,8-9). Doch diese Punkte bleiben Lauheit, solange die Denkschrift nicht zum Kreuz Christi und zur Bekehrung ruft.
Ein bibeltreuer Christ kann diese Denkschrift nicht als verbindliche Friedenslehre anerkennen, sondern nur als Ausdruck einer verweltlichten Theologie, die sich mehr an politischer Machbarkeit als am Wort Gottes orientiert. Der biblische Weg zum Frieden bleibt: „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Laßt euch versöhnen mit Gott!“ Und: „Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ (Philipper 4,7).