Eine Interpretation von Friedemann Lux
(Auszug aus der gleichnamigen Broschüre, Lichtzeichen Verlag, Bestell-Nr. 548465, 1,50 €, für AG WELT – Abonnenten kostenfrei)
„Ein feste Burg ist unser Gott . . .“ Für jemanden, der um 1950 geboren wurde, der evangelisch war und dessen Kindheit sich in Westdeutschland abspielte, verbinden sich ganz bestimmte Erinnerungen mit diesem Lied. Der 31. Oktober, das „Reformationsfest“. Gesetzlicher Feiertag mit Gottesdienstpflicht für die Schüler. Der Weg zum Gottesdienst in der altehrwürdigen Stadtkirche, deren Glockengedröhne das Straßenpflaster vibrieren lässt. Die Kirche selbstverständlich voll; nicht nur die Orgel, sondern auch der Gesang braust. Und was singt man? Klar, „Ein feste Burg ist unser Gott . . .“ Das Kampf-, Sieg- und Jubellied der Reformation und der Evangelischen. An diesem Tag ist man stolz darauf, dass Gott einst einen Martin Luther schickte, der die marode Kirche vom Kopf auf die Beine stellte.
Kurbeln wir den Film der Zeit nach vorwärts, an den Beginn der 2020er Jahre. Das Reformationsfest als Feiertag gibt es nach wie vor, in den meisten Bundesländern des wiedervereinigten Deutschlands. Doch die Stimmung, in der es erlebt wird, hat sich gewandelt. Der durchschnittliche Reformationsgottesdienst ist nicht mehr voll, die Orgel braust zwar noch, aber der Gesang der geschrumpften Gemeinde nicht mehr. Dass eines der Lieder „Ein feste Burg“ ist, ist durchaus nicht mehr sicher. Das Kampflied der Reformation ist heute vielen Kirchgängern und Berufschristen fremd bis peinlich geworden. In die „Praise the Lord“-Lobpreiskultur moderner Wohlfühlgottesdienste passt es ungefähr so gut wie ein Biedermeiersekretär in eine Tiefgarage. Und die große Mehrheit der jüngeren Generationen kann mit der Reformation sowieso nichts mehr anfangen. Was reden die da von Reformation? Am 31. Oktober ist doch Halloween, das weiß doch jeder . . .
„Ein feste Burg“ – nur noch ein Museumsstück? Aber halt: In was für einer Zeit leben wir denn Anfang der 2020-er Jahre? In einer Zeit, die wie selten zuvor durch ANGST gekennzeichnet ist. „Der alt böse Feind“, „mit unsrer Macht ist nichts getan“, „und wenn die Welt voll Teufel wär“ – ist das nicht gerade unsere Realität, und das diesmal nicht nur in Sachsen, sondern geradezu weltweit? Könnte es sein, dass der alte Luther uns doch noch (oder wieder) etwas zu sagen hat? Könnte es sein, dass „Ein feste Burg ist unser Gott“ von seinem Schöpfer überhaupt nicht als i-Tüpfelchen für Festgottesdienste gedacht gewesen ist, sondern als Kraftzuspruch und Dienstanweisung für den ganz normalen Alltag? Und dass hinter dem scheinbaren Triumphalismus ein stockernster Realismus steckt?
Luther hat das Lied irgendwann zwischen 1521 und 1529 für den ganz normalen christlichen Gottesdienst geschaffen, und die Leute sangen es nicht nur in den Kirchen, sondern auch auf der Straße. Und was die Jahresangabe „1521“ betrifft, so muss man wissen, dass Luther in diesem Jahr vom Papst in Rom exkommuniziert und vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation für vogelfrei erklärt wurde. Von da an bis zu seinem Tod 1546 geschah alles, was Luther tat und schrieb, unter dem Schatten des drohenden Scheiterhaufens, vor dem ihn, menschlich gesehen, vor allem der Schutz durch den sächsischen Kurfürsten Friedrich III. den Weisen bewahrte.
Was hat Luther damals befähigt, nicht verrückt zu werden, nicht zu resignieren, nicht ängstlich den Mund zu halten? Der Text von „Ein feste Burg“ verrät es uns.
(Bestellen Sie die Broschüre im Lichtzeichen Verlag, Bestell-Nr. 548465, 1,50 €, für AG WELT – Abonnenten kostenfrei)
Inhalt
Einführung
Es ist Krieg
Der alt böse Feind heute
Stell dir vor, es gibt einen Teufel, und keiner glaubt es
Der Sohn Davids gegen Goliat
Auf der Seite des Siegers
Gottes Wort und seine Gaben
Was, wenn wir Märtyrer werden?
Grund zur Gelassenheit
Aufruf zur Umkehr