AG Welt e.V.

Evangelikale in der Sackgasse?

Eberhard Kleina, Foto: privat

Gedanken zum Buch von Michael Diener „Raus aus der Sackgasse!: Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt“

von Eberhard Kleina

Der Ruf pietistisch-evangelikaler Christen, meist kurz „Evangelikale“ genannt, ist nicht der beste. In der Öffentlichkeit werden diese „Frommen“ meist kritisch beäugt, weil sie – in ihrem Glauben, Denken und Lebensalltag – der Bibel eine zentrale und fundamentale Rolle einräumen und an Glaubensüberzeugungen und Formen christlichen Lebens festhalten, die vielen als überholt gelten.  Der heutige Mensch, der sich als modern und weltoffen versteht und sich glaubensmäßig immer weniger an die Bibel und an christliche Traditionen gebunden fühlt, sieht die Bibel als veraltet, die nicht mehr in die heutige Zeit passe. Noch toleriert man evangelikale Christen, aber wie lange noch?  

Die Luft für bibeltreue Christen wird dünner

Auch in den evangelischen Landeskirchen, in denen Evangelikale zwar oft noch Mitglieder sind und mancherorts sogar noch den Kern der Ortsgemeinde bilden, gelten sie nicht selten als „die anderen“, mit denen man menschlich wohl zurechtkommt, aber eher Distanz bewahrt, weil man ihren Glauben für zu eng hält, für zu wenig zeitgemäß. Viele Evangelikale sind deshalb in Freikirchen und in kleine freie Gemeinden abgewandert. Aber auch dort wird für bibeltreue Christen die Luft allmählich dünner.  

Diener sieht sich als Grenzgänger und Brückenbauer …

Nun hat mit Michael Diener jemand ein Buch vorgelegt, der sowohl die Evangelikalen als auch die Landeskirchen (gut) kennt. Als ehemaliger Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und ehemaliger Vorsitzender der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD), zu deren Hauptvorstand er weiterhin gehört, ist er eine Leitungsperson im evangelikalen Bereich. Aber auch in der „Volkskirche“ nimmt Diener als Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) eine leitende Stellung ein. Zudem gehört er verschiedenen landeskirchlichen und evangelikalen Gremien an. Er selbst sieht sich als Grenzgänger und Brückenbauer zwischen evangelikalen und landeskirchlichen Christen.

Diener übt Kritik an der evangelikal-pietistischen Bewegung

Diener selbst kommt aus dem evangelikalen Umfeld. In seinem Buch übt er dennoch Kritik an der evangelikal-pietistischen Bewegung, die seiner Meinung nach in einer Sackgasse und in einer Glaubwürdigkeitsfalle stecke. Seine Ausführungen versteht er als konstruktive Kritik, worauf der Untertitel des Buches hindeutet: „Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt“. Es darf aber bezweifelt werden, dass das Buch diese Bewegung aus der von ihm wahrgenommenen „Sackgasse“ herausführt, sondern eher neue Spaltungen hervorruft und alte Spaltungen vertieft. In einer Glaubwürdigkeitsfalle stecken tatsächlich die (noch) großen christlichen Kirchen, und zwar seit Jahrzehnten, wie es die Jahr um Jahr erschreckend hohen Austrittszahlen überdeutlich zeigen.

Diener distanziert sich von seiner früheren biblisch-evangelikalen Frömmigkeit

Mit seinem Buch will Diener sich keineswegs von der Bibel und seinem christlichen Glauben verabschieden, aber er distanziert sich von seiner früheren biblisch-evangelikalen Frömmigkeit. Es scheint der Abschluss eines langen Prozesses zu sein, den er durchlaufen hat. Bei aktuellen Streitfragen wie Homosexualität, Gender, Abtreibung, Islam und anderen, wähnt Diener seine einstige Frömmigkeit am Ende. Hier liest er die Bibel mit anderen Augen als früher. Weil er meint, es sei nicht möglich, „in der Bibel geschilderte ethische Normen direkt und unreflektiert auf die heutige Zeit zu übertragen“ (S. 75), will er einen Brückenschlag für die Evangelikalen in die heutige Zeit. Diener versucht nichts weniger, als bibeltreue Christen – bildlich gesprochen – an die Hand zunehmen und sie zu öffnen für ein theologisch und politisch korrektes Denken, das in hohem Maße unsere Zeit prägt. Dass die von Diener erhoffte neue Glaubwürdigkeit der Evangelikalen einen links-grünen bzw. links-liberalen  Anstrich hat und theologisch korrekt dem säkularen  Zeitgeist angepasst ist, scheint ihn nicht zu stören, zumal er sich selbst offenbar politisch der linken Mitte zuordnet, wenn er kritisiert, dass wertkonservative Christen zu PEGIDA-Kundgebungen gehen oder „den fremdenfeindlichen Kurs der AfD“ unterstützen (S. 209).

Dieners Bewertung von Fundamentalismus und Biblizismus

Als Grund, sich von seiner evangelikalen Prägung abzuwenden, gibt er an, dass er als Jugendlicher unter dieser Frömmigkeit zu leiden gehabt hätte; dieselbe Frömmigkeit, die in einem Teil der pietistischen und evangelikalen Welt auch heute noch mit Inbrunst vertreten werde, wie er schreibt (S. 143). Diese Form des Glaubens gilt ihm jetzt als Fundamentalismus und Biblizismus. Er schreibt: „Ganz grob verstehe ich unter ‚Fundamentalismus‘ im evangelischen Kontext eine Haltung, die von der absoluten und umfassenden Fehler- und Irrtumslosigkeit der Bibel ausgeht und deshalb deren Aussagen ungebrochen auf die heutige Zeit überträgt. Meist ist damit eine Bindung an konservative Werte und der Wunsch nach Abgrenzung von liberalen Strömungen verbunden.“ (S. 53)

Durch welche Brille liest Diener die Bibel?

Die generelle Frage ist: Wie weit können sich bibeltreue Christen öffnen für neue gesellschaftliche Strömungen? Oder anders ausgedrückt:  Können Christen eine Symbiose zwischen Bibel und jeweils herrschender Zeitgeistströmung eingehen? Auch Christen leben ja im Hier und Heute, sind also nicht unberührt vom vorherrschenden gesellschaftlichen Denken. Für Christen aber gilt definitiv die    Warnung des Apostels Johannes: „Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind.“ (1.Joh. 4,1). Warnende Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind einmal die braune Theologie der sog. „Deutschen Christen“ in der NS-Zeit und die rotbraune Theologie der „Kirche im Sozialismus“ in der DDR, wo man auch die jeweilige Zeitströmung mit der Bibel und kirchlicher Verkündigung zusammengeführt und die Bibel durch die braune und später durch die rotbraune Brille gelesen hat.

Kann Diener der These 3 der Barmer Theologischen Erklärung zustimmen?

Da, wo die Botschaft der Bibel durch gesellschaftspolitische Einflüsse in Frage gestellt oder gar aufgehoben wird, ist für bibeltreue Christen ein Mitgehen unter keinen Umständen mehr möglich. Nicht von ungefähr hat in der NS-Zeit die Barmer Theologische Erklärung 1934 festgelegt (These 3): „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.“ Heute betrachten die Gliedkirchen der EKD die Barmer Erklärung als wegweisendes Lehr- und Glaubenszeugnis, in einigen evangelischen Landeskirchen gilt sie mit Recht als gültige Bekenntnisgrundlage, auf die Pfarrer bei der Ordination sogar verpflichtet werden. Wie weit kann Diener dieser These der Barmer Erklärung zustimmen?

Diener sucht eine zeitgemäße Interpretation der Bibel

Die Sicht Dieners auf die Bibel steht in völligem Gegensatz zu dem, was vor 300 Jahren der Pietist Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf schrieb: „Herr, dein Wort, die edle Gabe, diesen Schatz erhalte mir, denn ich zieh es aller Habe und dem größten Reichtum für. Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn? Mir ist nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun.“ Wie Diener richtig beobachtet hat, gilt dies auch heute noch für pietistisch-evangelikale Christen. Zinzendorf hat dichterisch das ausgedrückt, was die Reformatoren mit „Sola scriptura“ (allein die Schrift) bezeichnet haben, dass nämlich in Glaubensdingen nur das Zeugnis der Heiligen Schrift der Maßstab ist.  Alles muss sich am biblischen Wort messen lassen. Widerspricht es dem Wort Gottes, steht nicht der Heilige Geist, sondern ein anderer Geist dahinter. Weil Diener die Heilige Schrift dagegen zeitgemäß, d.h. im links-liberalen Sinn zu interpretieren sucht, verläuft die Bruchlinie zu den Evangelikalen genau hier. Was Diener als evangelikale „Sackgasse“ sieht, sehen evangelikale Christen als ein nicht verhandelbares Festhalten am Wort des lebendigen Gottes.

Dieners Kritik am Bremer Pastor Olaf Latzel

Als ein Beispiel für die von ihm ausgemachte „Sackgasse“ der Evangelikalen, nennt Diener den bekannten Bremer Pfarrer Olaf Latzel, der durch ein Gerichtsverfahren 2020/21 in den Focus der Öffentlichkeit gerückt ist. Über Latzel schreibt er: „Er diskriminierte in einer Predigt vom Januar 2015 religiöse Inhalte anderer Religionen und des Katholizismus und in einem Eheseminar vom Oktober 2019 homosexuelle Menschen.“ (S. 29). Und weiter: „Ich verbitte mir, gemeinsam mit gewiss vielen anderen Menschen pietistischer oder evangelikaler Provenienz, einem Glaubensprofil zugeordnet zu werden, das auch nur im Entferntesten mit den strittigen Formulierungen des bremischen Pastors in Verbindung gebracht werden kann. Das sind nicht meine Überzeugungen. Seit wann ist die Diffamierung Andersdenkender oder Andersgläubiger essenzieller Bestandteil der Verkündigung des Evangeliums?“ (S. 30)

Latzel hat sich für seine harschen Formulierungen gegenüber Homosexuellen entschuldigt. Diese Formulierungen sind gewiss auch als Reaktion auf zuvor ergangene Drohungen und Anschläge gegen Latzels Person und seine Kirchengemeinde zu verstehen. Es hatte – offenbar aus der Homosexuellen-Szene selbst oder aus Unterstützerkreisen – großflächige Schmierereien mit Farbe an Latzels Bremer Kirche gegeben, Anschläge auf seinen PKW und anderes mehr. Gleichwohl wurde Latzel für seine Äußerungen vom Gericht in erster Instanz der „Volksverhetzung“ für schuldig befunden und mit einer hohen Geldstrafe belegt, wogegen er Berufung eingelegt hat.

Zweierlei Maßstäbe darf es in einem Rechtsstaat nicht geben

Es soll nicht der leiseste Verdacht aufkommen, dass an dieser Stelle gutgeheißen werden könnte,   Menschen durch Worte zu verletzen und zu diffamieren. Aber es scheint in unserer Zeit darauf anzukommen, wer verletzende Äußerungen ausspricht. Wenn „Männer“ in Deutschland auf offener Straße rufen, so im Juli 2014: „Hamas, Hamas, Juden ins Gas.“, so blieb dies trotz diverser Anzeigen ohne strafrechtliche Folgen. Auch mit der auf Demonstrationen skandierten Parole: „Deutschland, du mieses Stück Scheiße verrecke.“ hat sich, soweit bekannt, kein Gericht befasst. Im ersten Fall waren es Muslime, im zweiten Fall linke „Aktivisten“. Zweierlei Maßstäbe aber darf es in einem Rechtsstaat nicht geben.

Müsste sich Diener nicht auch von der Wortwahl Jesu distanzieren?

Jesus Christus würde wahrscheinlich auch heute vor einem Gericht für harsche Äußerungen verurteilt, weil er Schriftgelehrte und Pharisäer seiner Zeit öffentlich als „Heuchler“, „übertünchte Gräber“, „Schlangen und Otternbrut“ bezeichnet hat (Matthäus 23,23.27.33), die den „Teufel zum Vater“ hätten, den „Vater der Lüge“ (Johannes 8,44). Die Frage liegt auf der Hand: Was beabsichtigte Jesus damit? Wollte er seine Gegner persönlich diffamieren, mit bewusst verletzenden Worten in Misskredit bringen, um so Macht über sie auszuüben? Oder wollte er sie durch diese drastischen Titulierungen wachrütteln? Das Letztere ist der Fall, denn seine Mission bestand darin, „zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ (Lukas 19,10). Eigentlich müsste Diener sich mit dieser Wortwahl von Jesus auch distanzieren. Und eigentlich könnte er doch darüber nachdenken, ob Latzel bei aller Ruppigkeit seiner Äußerungen diese nicht auch als Wachrütteln gemeint haben könnte.

Es ist keineswegs so, dass evangelikale Christen alle Ausführungen in Dieners Buch ablehnen. Manches können sie akzeptieren. Aber an wichtigen Stellen können sie über Dieners angebotene Brücke eben nicht gehen. Um die Bruchlinie zwischen Diener und den Evangelikalen theologisch deutlich zu machen und zugleich auch den Rahmen dieser Ausführungen nicht zu sehr auszudehnen, seien exemplarisch nur zwei Themenkreise aus seinem Buch herausgegriffen: „Homosexualität und Bibel“ sowie „Nichtchristliche Religionen und Bibel“. Beides ist zudem von großer Aktualität.

Exkurs: Homosexualität und Bibel

Diener schreibt, das Thema „Homosexualität“ begleite ihn schon sein Leben lang. Seine frühere ablehnende Haltung gegenüber Homosexuellen habe er bewusst aufgeben wollen, „weil ich felsenfest davon überzeugt war und bin, dass Gott das Elend, das Leid, die Not, die ‚wir Frommen‘ diesen Menschen zugefügt haben, nicht will.“ (S. 187f). Da hat Diener völlig recht. Der ewige Gott will nicht, dass wir einander Leid zufügen, nicht mit Worten und auch nicht mit Taten.  Leider geschieht beides heute in hohem Maße, wie die weltweiten Glaubensverfolgungen von Christen, durch Diskriminierung und Ausgrenzung, bis hin zum Tod, zeigen. Oder man denke an das Leid, das Menschen durch Tötung vor ihrer Geburt zugefügt wird; ein stummes Leiden! Gott sei es geklagt!  

Da für Evangelikale die Bibel, das Wort des lebendigen Gottes, der Maßstab ist, muss gefragt werden dürfen: Wie wird Homosexualität in der Bibel bewertet? Nun, es gibt keine einzige zustimmende Äußerung, weder im Alten noch im Neuen Testament (1.Mose 19,1-29; 3.Mose 18,22; 20,13; Römer 1,18-32; 1. Korinther 6,9; 1.Timotheus 1,8-11). Das ist zunächst der Befund. Der überzeugt Diener jedoch nicht, denn er will keine „biblizistische Berufung auf einzelne Bibelstellen“ (S. 190), die für dieses Thema nichts beitragen würden. Bleibt die Frage: Worauf sollen sich Christen denn berufen, wenn nicht auf die Bibel?  

Um praktizierte Homosexualität – entgegen dem Zeugnis der Bibel – nun auch für Evangelikale  akzeptabel zu machen, greift Diener auf das schon oft gehörte und in linken Kreisen gern verwendete Argument zurück: Die in der Bibel angesprochene Homosexualität habe nichts mit der heute auf „dauerhafte, treue, öffentlich und verantwortlich gelebte Liebesbeziehungen zweier gleichberechtigter Menschen“ zu tun (S. 190). Den Autoren der biblischen Überlieferung, also den Männern, die die biblischen Bücher im Auftrage Gottes und unter Führung des Heiligen Geistes  verfassten, hätten die damaligen antiken homosexuellen Beziehungen vor Augen gestanden, und diese Beziehungen und Praktiken seien eben nicht lebensbindend gewesen, eher ausbeuterisch und unterdrückend. Die heutige, „verantwortlich gelebte Homosexualität“ sei dagegen ganz anders, darum treffe die Ablehnung der Bibel heute nicht mehr zu. Mag sein, dass es in der Antike anders war als heute – oder eben auch nicht.

Das ist auch gar nicht der springende Punkt. Der besteht darin, dass der ewige Gott seine Schöpfung erhalten will und natürlich auch den Menschen als sein Ebenbild. Gottes Wort „Seid fruchtbar und mehret euch“ (1. Mose 1,28), ist ein ganz wesentlicher Teil seines Schöpfungsauftrages. Der aber ist durch Homosexualität schlechterdings nicht zu erfüllen, sondern nur durch eine heterosexuelle Verbindung von Mann und Frau. Nur Mann und Frau werden Nachkommen geschenkt. Und nur deswegen hat Gott ausschließlich die Heterosexualität gesegnet, und zwar als feste Lebensordnung zwischen Mann und Frau (1. Mose 2,24), was Jesus ausdrücklich bestätigt hat (Matthäus 19,4-6). Es ist SEINE Schöpfungsordnung, die uns ein für allemal vorgegeben ist. Und daran wird der Mensch – auch Diener – nichts ändern, gar nichts!

In 3. Mose 18,22 wird Gott ganz deutlich: „Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einer Frau.“  Logischerweise gilt dies dann auch im Umkehrschluss für Frauen. Diener umgeht dieses Gebot Gottes mit dem zurechtgelegten Gedankenkonstrukt „verantwortlich gelebter Liebesbeziehungen zweier gleichberechtigter Menschen“. Diese Liebe könne nicht „böse“ sein, wenn Freiheit und Gerechtigkeit leitende Prinzipien seien (S.192). Die Frage der Schlange war: „… sollte Gott gesagt haben?“ (1. Mose 3,1). Im Kontext ist die Frage zu stellen: Sollte Gott gesagt haben, dass ein Mann nicht sexuell bei einem Mann liegen darf? Ja! Gott hat es verboten, so steht es geschrieben. Und Hinweise auf „verantwortlich gelebte Liebesbeziehungen“ hat er nicht gegeben, das würde auch seinem Schöpfungsauftrag widersprechen – links-grüner Zeitgeist hin oder her.

Auch verschiedene andere Formen der Sexualität verwirft Gott, selbst wenn sie heterosexueller Art sind. In 3. Mose 18 findet sich eine detaillierte Aufzählung. Meist werden inzestuöse Formen zwischen Familienmitgliedern genannt, auch Pädophilie (10f) und Sodomie (23), die Sexualität zwischen Mensch und Tier (auch Zoophilie genannt). All das ist heute geächtet und unter Strafe gestellt – nur bei der Homosexualität ist das anders.

Würde Diener, so kann man fragen, die nachfolgend genannten Formen der Sexualität akzeptieren, die durchaus vorkommen (können), wenn die von ihm vorgegebenen Kriterien – Verantwortlichkeit, Treue und Dauerhaftigkeit – gegeben sind? Wäre unter dieser Voraussetzung die Verbindung eines 14jährigen Mädchens mit einem 54jährigen Mann in Ordnung? Oder die Verbindung eines Mannes mit seiner leiblichen Schwester? Was ist mit der Polygynie (ein Mann, mehrere Frauen) und mit der Polyandrie (eine Frau, mehrere Männer)? Solche Fälle unterliegen augenblicklich noch dem gesellschaftlichen und juristischen Verbot. Will der links-liberale Zeitgeist das in Zukunft auch akzeptieren?

Im Duktus seiner Argumentation befürwortet Diener dann auch die sog. „Homo-Ehe“: „Der Staat hat mit Recht die Institution der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet.“ (S. 192f). Dies ist auch die Haltung der EKD. Damit setzen sich EKD und Diener über die Bibel hinweg. Auch sein Hinweis auf die evangelische Tradition, die Ehe als ein „weltlich Ding“ zu betrachten, ist nicht überzeugend. Es kommt auf den Willen Gottes an, nicht auf kirchliche Tradition. Was Gott nicht segnet, können Menschen eben auch nicht segnen.

In 3.Mose 20,13 hat Gott für homosexuelle Praxis sogar die Todesstrafe angeordnet. Jesus, der Sohn Gottes, hat sich zum Thema Homosexualität nicht geäußert. Es kann aber sehr wohl indirekt, anhand der Bibel, seine Haltung hierzu ermittelt werden: Gott hatte auf Ehebruch zwischen Heterosexuellen im Alten Testament den Tod verhängt (3.Mose 20,10). Jesus – als Höhepunkt der Offenbarung Gottes – hat die Ehebrecherin nicht steinigen lassen (Johannes 8,10f). So kann angenommen werden, dass dies einer Aufhebung der Todesstrafe für praktizierte Homosexualität gleichkommt, auch wenn Jesus dazu explizit nichts gesagt hat.

Vor dem ewigen heiligen Gott ist jeder Mensch sein Ebenbild (1.Mose 1,27), sein Gegenüber. Das bezieht sich auf Heterosexuelle und auf Homosexuelle. Vor Gott aber ist jeder Mensch auch ein Sünder. Allen gilt daher Jesu Ruf: „Tut Buße!“ (Matthäus 4,17) Für alle Menschen ist Jesus ans Kreuz gegangen. Jesus hat erklärt, dass er nicht gekommen sei, das Gesetz Gottes aufzulösen, auch nicht der kleinste Buchstabe im Gesetz Gottes solle vergehen, also aufgehoben werden (Matthäus 5,17f). Er sei gekommen, das Gesetz zu erfüllen. Sowohl Ehebruch wie auch praktizierte Homosexualität hat Jesus nicht gutgeheißen, da beides dem Gesetz Gottes zuwiderläuft, also Sünde ist. Wenn er aber mit der Ehebrecherin liebevoll umgegangen ist, so haben wir als Christen heute seinem Vorbild zu folgen, bei heterosexuellen Ehebrechern, wie auch bei praktizierenden homosexuellen Menschen.  Beider Handeln billigt Gott nicht. Wer aber Buße tut und umkehrt zu Jesus, den stößt dieser nicht hinaus (Johannes 6,37).

Die theologische Neubewertung der Homosexualität, die Diener in seinem Buch vornimmt, hat er nicht aus der Bibel abgeleitet, sondern aus der aktuell herrschenden Gender-Ideologie, die mittlerweile das gesamte gesellschaftliche Leben durchdrungen hat. Sie ist aus der Frauen-Emanzipationsbewegung der späten 1960-er Jahre hervorgegangen. Gender hat starke marxistische  und damit auch atheistische Wurzeln und wurde von der sog. “Frankfurter Schule“ weiterentwickelt, einer neomarxistischen Denkfabrik. Spätestens seit der Weltfrauenkonferenz in Peking im Jahr 1995 war Gender als eine neue Ideologie komplett ausgeformt. Es geht generell um den vollständigen Umbau der noch immer von „christlichen Rest-Elementen“ geprägten Gesellschaft. Biblisch orientiertes Denken soll völlig umerzogen werden. Besonders geht es um die Zerstörung der Vater-Mutter-Kind-Familie, wie Gott sie vorgesehen hat. Eine Unterordnung der Ehefrau unter den Ehemann im biblischen Sinne, dass die Frau unter den Schutzschirm des Mannes tritt (Epheser 5,21-30), gilt als „Patriarchat“, das abzuschaffen ist. Wenn Gott nach der Bibel den Menschen als Mann und als Frau schuf, so gilt das im Gender-Denken nicht mehr, da es mehr als nur zwei Geschlechter geben würde, nämlich zusätzlich noch das diverse Geschlecht; manchmal spricht man sogar von bis zu 60 Geschlechtern und meint damit soziale Geschlechterrollen. Da diese sozialen Rollen nur anerzogen seien, könne man sein Geschlecht auch wechseln, eventuell auch durch Operation noch das biologische Geschlecht. Und schließlich ist nicht mehr die gottgewollte Heterosexualität das Normale, sondern auch die Homosexualität, die ganz normal anders sei und für die ausdrücklich geworben wird – wenn es sein muss, mit Druck. Ein besonderes Anliegen von Gender war die „Ehe für alle“ (die sog. „Homo-Ehe“), die seit 2017 in Deutschland möglich ist. Auch für den Inzest und für Pädophilie hat man Verständnis, sagt dies aber nicht so laut, da der Widerstand in der Gesellschaft (noch) zu groß ist.

Auf allen Ebenen der Gesellschaft soll die Gender-Umerziehung durchgeführt werden, in Familie, Staat, Verwaltung, Wirtschaft, Vereinsleben, Medien, usw.; einfach überall, und natürlich auch in den Kirchen. Der Umformungsprozess beginnt schon in Kindergärten und Schulen. Unverkennbar hat Diener Gender-Elemente übernommen. Das zeigt nicht nur sein Einsatz für die Homosexualität und sein skeptischer Blick auf das Patriarchat (S. 199), sondern ist auch am Schriftbild in seinem Buch erkenntlich, wo er im Sinne von Gender die „geschlechtergerechte“ Schreibweise anwendet. Begriffe, wo beide Geschlechter gemeint sind, schreibt er durchgehend mit Gender-Sternchen (Christ*innen, Leiter*innen), weil durch die bisher übliche Zusammenfassung beider Geschlechter durch den Sammelbegriff „Christen“, „Leiter“ die Frauen nicht sichtbar werden, so die Vorgabe der Gender-Ideologie.

Hinsichtlich des Themenkreises „Homosexualität und Bibel“ hat Diener die Gender-Sicht übernommen, es ist nicht die Sicht der Bibel! Er vermischt die Gender-Sicht mit biblischen Aussagen. Im Rückblick auf die Mahnung der Barmer Theologischen Erklärung: Evangelikale Christen können niemals marxistisch-atheistisches Denken mit dem Wort Gottes verbinden. Weitere Gespräche hierzu lehnt Diener ab und schreibt: „Ich bin es müde, mehr oder minder evangelikale Erläuterungen zu lesen, in denen ausführlich begründet wird, warum das biblische Zeugnis keine positive Bewertung homosexueller Beziehungen zulässt.“ (S. 194)

Exkurs: Nichtchristliche Religionen und Bibel

Diener behandelt dieses Thema in Kapitel 10: „Von Mission und Nachfolge“. Da in einer globalisierten Welt die Begegnung mit nichtchristlichen Religionen zum Normalfall geworden ist, setzt Diener sich zu Recht mit christlicher Mission unter Nichtchristen auseinander, schließlich hat Jesus den Missionsauftrag gegeben (Matthäus 28,18ff). Hindus, Buddhisten und andere erwähnt Diener nicht, sondern nur Juden und Muslime, daher gehen wir auch nur auf diese beiden nichtchristlichen Weltanschauungen ein. Soll  Mission unter Juden und Muslimen sein?   

Grundsätzlich ist Diener für christliche Mission. „Mission geschieht liebevoll“, schreibt er, „sie geschieht in Achtung und Respekt vor der Kultur und den Lebenskontexten der jeweiligen Menschen. Sie geschieht dialogisch, indem sie, so wie Jesus das wieder und wieder getan hat, eine Begegnung auf Augenhöhe mit den Menschen sucht. Und es geht ihr dabei nicht nur darum, einzelne Seelen zu retten, sondern um das Heil und Wohl für die ganze Welt, mit Blickrichtung auf Gottes neue Schöpfung.“ (S. 136f). In Übereinstimmung mit der 12. Synode der EKD vom November 2020 schreibt Diener weiter: „Wir bezeugen Jesus Christus in der Welt. … Weil uns die Liebe Gottes drängt, geben wir in Wort und Tat Gottes Liebe weiter … bezeugen wir seine Gegenwart und laden zum Glauben ein.“ (S. 138f)

Da stimmen evangelikale Christen zu. Von diesen distanziert Diener sich aber, weil er meint, diese mäkelten an einer vermeintlich unmissionarischen Kirche herum, gemeint sind offenbar die Landeskirchen, und Evangelikale nähmen nur das eigene Missionsverständnis als Maßstab (S. 139).

Was sagt er nun konkret zur christlichen Mission unter Juden? Wie sieht er hier die Nachfolge für Christen? Diener weist auf die EKD-Synode 2016 hin, die eine „Missionierung von Juden ebenso ablehnte wie die Vorstellung, Juden müssten ihre Religion verlassen und die dennoch vom ‚gegenseitigen Zeugnis des Glaubens sprach.‘“  (S. 146). Keine Missionierung, aber gegenseitiges Zeugnis des Glaubens, was soll man sich darunter vorstellen? Ein Christ spricht mit einem Juden über seinen Glauben an Jesus Christus, vermeidet aber alles, dass der Jude ihn nicht als Heiland annehme, oder?

Unbestritten waren die kirchlichen Judenverfolgungen vergangener Jahrhunderte eine Sünde vor dem ewigen Gott, schon deshalb, weil das Heil von den Juden kommt, wie Jesus in Johannes 4,22 sagt, und die früheren Heidenvölker in Israel – in den Ölbaum Gottes, als wilder Zweig eingepfropft wurden (Römer 11,17-24). Gott hat das Volk der Juden sozusagen als Eintritt in die Völkerwelt auserwählt und diesem Volk zuerst seine Gebote bekannt gemacht. ER schickte Jesus als den im Alten Testament angekündigten Messias, der sich – auf die Anfrage Johannes des Täufers – eindeutig als solcher zu erkennen gab (Matthäus 11,1ff; Lukas 7,18ff). Aufgrund des Missionsauftrages Jesu wurden dann Gottes Gebote auch in die Heidenwelt getragen. Nicht nur die Gebote Gottes, sondern auch das Evangelium, und zwar für Juden und  Heiden. Juden und Christen beten unzweifelhaft denselben Gott an, aber Juden warten noch auf den Messias, den sie jetzt noch nicht in dem Juden Jesus von Nazareth erkannt haben, was aber geschehen wird (Römer 11,26).

Zurecht stellt Diener die Frage: „Gilt Gottes Bund mit seinem Volk oder gilt er nicht?“ Natürlich gilt er weiterhin. Gott hat sein „Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat.“ (Römer 11,2). Vielleicht hilft ja folgende Überlegung weiter: In jeder Taufe schließt Gott mit dem Getauften einen Bund. Wenn aber der Getaufte den Glauben an den dreieinigen Gott verliert, ist der Taufbund nicht mehr wirksam, bleibt aber von Gottes Seite bestehen. Und wenn der Getaufte im Laufe seines Lebens wieder zu Gott zurückkehrt – wie der verlorene Sohn (Lukas 15,11ff) –, ist die volle Wirksamkeit des Taufbundes wieder gegeben. Im Falle der Kindertaufe ist dies erst mit dem bewussten Ja des Erwachsenen der Fall. So kann man auch den bleibenden Bund Gottes mit seinem Volk Israel verstehen, dass er als von dem ewigen Gott in Jesus erneuerter Bund auch für Juden wieder wirksam wird, wenn sie an Jesus glauben. Hatte Gott doch schon im Alten Testament angekündigt, dass ER einen neuen Bund mit seinem Volk abschließen werde (Jeremia 32,31-34). Und tatsächlich sehen wir in unserer Zeit das Wunder der messianischen Juden, die den Zugang zu dem einzigen Messias – Jesus – gefunden haben.

Es gibt nur diesen einen Weg in die Ewigkeit, und der führt über Jesus Christus. So hat es Gott festgelegt. Jesus hat gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Johannes 14,6). In die gleiche Richtung argumentieren die Apostel Petrus und Johannes im Hinblick auf Jesus: „In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ (Apostelgeschichte 4,12). Und ebenso der Apostel Paulus: „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (1.Korinther 3,11). Wenn die gesamte Bibel das unfehlbare Wort Gottes ist, wovon hier ausgegangen wird, dann treffen doch diese Aussagen auch auf Juden zu. In Dieners Buch findet man diese Zitate allerdings nicht. Sind sie ihm wohl zu biblizistisch?  

Dieners Haltung zur Judenmission ist nicht klar ersichtlich. In Anlehnung an die EKD-Synode 2016 scheint er eine christliche Judenmission abzulehnen. Zum anderen aber schreibt er, es sei uns Christenmenschen „aufgetragen, Jesus Christus zu bezeugen. Allen Menschen. Punkt. Und daran möchte ich festhalten. Auch gegenüber Angehörigen anderer Religionen.“ (S. 148). Meint er mit „Angehörigen anderer Religionen“ nun auch Juden, oder nicht? Oder will er eine Mission nur durch andere Juden, etwa die messianischen Juden? Schade, dass er sich nicht deutlich ausdrückt. Umso deutlicher aber positioniert er sich den Evangelikalen gegenüber. Denn er findet es merkwürdig, dass Evangelikale einerseits begeisterte Israelfreunde sind, aber dass sie „die im Gegensatz zu den Landeskirchen organisierte ‚Judenmission‘ für etwas biblisch absolut Gebotenes halten.“ (S.146). Im Unterschied zu Diener haben Evangelikale hier jedenfalls eine klare biblisch begründete Position, bei der sollten sie auch bleiben, die landeskirchliche Haltung zur Judenmission teilen Evangelikale eben nicht.  

Die zweite nichtchristliche Religion, die Diener erwähnt, ist der Islam.  Wie denkt Diener über christliche Mission in Blick auf Muslime? Angesichts der mittlerweile acht bis zehn Millionen (oder sogar noch mehr) Menschen islamischen Glaubens in unserem Land, und angesichts der rasant fortschreitenden Islamisierung Deutschlands, ist es zunächst einmal zu begrüßen, dass Diener sich mit dieser Frage auseinandersetzt. Wie positioniert er sich zur christlichen Mission unter Muslimen?

Von Mission schreibt er nichts, er plädiert für einen Dialog: „Was ich in den vergangenen Jahren allerdings neu und gern gelernt habe, ist, dass zum Zeugnis meines Glaubens auch der ehrliche Dialog mit Angehörigen anderer Religionen treten darf.“ (S. 150).  Das ist richtig! Eine ehrliche theologische Auseinandersetzung mit dem Islam ist für Christen unumgänglich. Aber gerade da vermissen Evangelikale grundlegende und eindeutige Aussagen. Die Dialoge der letzten Jahrzehnte zwischen den Kirchen und Islamverbänden waren eher Wohlfühl-Veranstaltungen. Heikle Themen sparte man lieber aus, um die islamische Seite nicht zu provozieren oder deren Ehre und Stolz nicht zu verletzen. Auch wollte und will man auf keinen Fall „islamophob“ sein, schlimmer noch: fremdenfeindlich!

Diener beklagt die weltweite „islamistische“ Gewaltwelle (wieso „islamistisch“ und nicht islamisch?), die Vertreibung und Verfolgung christlicher Minderheiten in islamischen Staaten, die eingeschränkten Rechte von Frauen in islamischen Ländern, den eklatanten Antisemitismus vieler Muslime (S. 155). Er sieht also die enormen Probleme, aber er stellt nicht die Frage, ob das etwas mit der Religion der Muslime zu tun haben könnte.  

Um einen ehrlichen Dialog zu führen, wie Diener ihn will, muss man den Dialogpartner und seine glaubensmäßige Überzeugung möglichst gut kennen. Daher seien vorweg einige wenige, aber wichtige Punkte, zum Islam genannt, die Diener leider nicht erwähnt. Ob er sie nicht kennt oder verschweigt, ist nicht bekannt:

Besonders verheerend hat sich in den christlich-islamischen Dialogen die in den großen Kirchen bis heute vertretene Meinung ausgewirkt, der dreieinige Gott der Bibel sei identisch mit dem Allah des Koran. Dieser Jahrtausend-Irrtum  geht zurück auf das 2. Vatikanische Konzil (1962-1965) der katholischen Kirche, das Diener auch erwähnt. Er findet es „wegweisend, dass das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Erklärung ‚Nostra Aetate‘ von 1965 das ‚Wahre und Heilige‘ in anderen Religionen bewusst anerkannte.“ (S.150). Diener schreibt es zwar nicht, aber wenn er schon das Zweite Vaticanum erwähnt, dann weiß er auch, dass man sich hier auf den gemeinsamen Gott festgelegt hat.

Die katholische Irrlehre von demselben Gott wurde sehr bald von evangelischer Seite übernommen und hat die christlichen Dialogpartner in eine ausweglose Lage gebracht. Denn grundlegende Kritik am Islam als einer zutiefst antichristlichen (und antijüdischen) Religion ist nicht mehr möglich. Man nimmt schon Unterschiede wahr, dennoch aber gelten Muslime in kirchlichen Kreisen oftmals als Stiefbrüder im Glauben. Diese wissen, dass es nicht so ist, aber aus Taqiyya-Gründen belässt man die Kirchenleute bei ihrer Meinung, bis man die Macht über die Christen hat.

Allah kann nach der Bibel aber niemals identisch sein mit dem Vater Jesu Christi, da dieser alle grundlegenden christlichen Glaubensaussagen verdammt. Wer Allah ist, geht aus der Bibel zweifelsfrei hervor: „Wer ist ein Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater.“ (1.Johannes 2,22f). Nach der Bibel ist Allah der Feind Gottes. Das würde Diener sicher zurückweisen, vielleicht ist ihm der Hinweis auf 1.Johannes 2,22f zu biblizistisch?

Die (noch) großen christlichen Kirchen haben sich hier in einem Dickicht verfangen: Wie kann man einerseits denselben Gott in Bibel und Koran postulieren, wo dieser Gott des Koran andererseits genau die erwähnten zentralen Punkte des christlichen Glaubens verleugnet, Christen und Juden verflucht, darüber hinaus Frauen eine minderwertige Stellung zuweist, Polygynie befürwortet, Homosexualität mit dem Tod bedroht und anderes? Im Iran werden Homosexuelle gar an Baukränen aufgehängt. Dass viele Muslime in ihrem Lebensalltag sich nicht selten ganz anders verhalten, geschieht nicht wegen des Islam, sondern trotz des Islam, es sind Namensmuslime und gelten aus Sicht des Koran als Heuchler.

Christen in islamischen Ländern warnen unablässig die westlichen Christen, werden aber kaum gehört. Diener erwähnt die vielen Geflüchteten, die hier „eine echte und dauerhafte Hinwendung zu dem Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist“ vollzogen haben und sich taufen lassen, nicht um eine verbesserte Aussicht im Asylverfahren zu haben (S. 149). Die Geflüchteten sind fast immer Muslime, die ihren Glauben verlassen haben und darum mit dem Tod bedroht werden, da Allah eine Abwendung vom islamischen Glauben bestraft. Spätestens hier hätte Diener doch die Frage nach dem angeblich gemeinsamen Gott thematisieren müssen. Ehemalige Muslime wissen, dass Allah in vielen Koranstellen mit der Hölle droht und auch jeden Muslim in die Hölle schickt, den einen oder anderen vielleicht wieder herausnimmt (Sure 19,72). Die Angst vor der Hölle ist ausgeprägt, was sich westliche Menschen nur schwer vorstellen können. Allah ist für Muslime der unerreichbar ferne Gott, der sich nicht in die Niederungen menschlichen Lebens begibt. Und jetzt lernen diese Geflüchteten in Jesus Christus einen Gott kennen, der den Menschen ganz nahe kommt, ihnen die Schulden vergeben will und das ewige Leben garantiert (Johannes 5,24). Wie glaubhaft sollte man diesen Menschen sagen: Bleibt ruhig bei Allah, es ist ohnehin derselbe Gott wie in der Bibel, nur etwas anders dargestellt? Der Verfasser dieser Zeilen hat Konvertiten kennengelernt, die keine Minute bereuen, den Islam verlassen zu haben.

Die christliche Mission unter Muslimen ist ein absolutes Gebot! Eine einladende und liebevolle Mission, denn Jesus hat von einer Zwangsmissionierung nichts gesagt. Mission aber ist nur möglich, wenn man Jesus Christus als alleinigen Weg in die Ewigkeit und als die alleinige Wahrheit vertreten kann. Leider drückt sich Diener unklar über den christlichen Alleinvertretungsanspruch auf die Wahrheit aus. In Übereinstimmung mit Tomas Halik schreibt er: „Zur Ethik des Dialogs gehört es, auf das Monopol auf die Wahrheit zu verzichten. Das Monopol auf die Wahrheit aufzugeben, bedeutet aber nicht, die Wahrheit aufzugeben, sondern eher wahrheitsgetreuer zu werden; in Demut in die Tiefe der Wahrheit eintauchen zu können, zu erleben, dass sie tiefer ist, breiter, dynamischer als das, was wir bisher bei uns als die alleinige Wahrheit anerkannt haben.“ (S.151)

Ein gefährliches Spiel mit dem Begriff „Wahrheit“! Denn nach dem Neuen Testament ist die Wahrheit eine Person, eben Jesus Christus. Was immer das obige Zitat heißen mag, es kann leicht so verstanden werden, dass der Satz Jesu „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich“, so, wie Jesus es ausgesprochen hat, vielleicht doch nicht richtig sei. Diener setzt die Wahrheit in diesem Zitat nicht mit Jesus gleich, er spricht nur allgemein über Wahrheit im Sinne von Richtigkeit. Für Christen aber ist Jesus die einzige Wahrheit.

Weiter schreibt Diener: „Auch Andersgläubige haben zumeist gute Gründe für ihren Glauben. Und keiner von uns kann den sogenannten ‚Gottesstandpunkt‘ einnehmen, kann also verbindlich, ‚mit Überblick‘ sagen, was nun richtig oder falsch ist. Das heißt, dass ich als Christenmensch unbedingt Zeuge der Wahrheit des christlichen Glaubens bin und bleibe und dass ich zugleich anerkenne, dass diese Wahrheit nicht mein Besitz ist.“ (S. 153). Natürlich ist die Wahrheit nicht unser Besitz. Das würde bedeuten, da Jesus Christus die Wahrheit ist und er mit dem Vater eins ist (Johannes 10,30), dass wir den ewigen Gott in unserem Besitz haben, also über ihm stehen, über ihn verfügen. Das wäre eine unglaubliche Anmaßung, ja Gotteslästerung! Nein, Christen sind Kinder Gottes, sind Jesu Nachfolger, sie stehen unter ihm.  Aber wirkliche Jünger Jesu haben die Wahrheit (Jesus) erkannt, und die Wahrheit (Jesus) hat sie frei gemacht (Johannes 8,32). Und es gibt nur diese eine Wahrheit, nur diesen einen Weg zu Gott, den der Ewige eröffnet hat. Andere Wege, andere Religionen, führen nicht in die Ewigkeit des dreieinigen Gottes.

Diener meint, in Anlehnung an die landeskirchliche Position, auch in anderen Religionen sei Wahrheit zu finden. Dazu schreibt er über Christen: „Sie begegnen anderen Religionen in der Erwartung, dass sich dort ebenfalls in irgendeiner Weise Erfahrungen mit dieser Wahrheit finden.“ (S. 154). Für Christen hieße das, dass Jesus sich auch in irgendeiner Weise in anderen Religionen offenbart haben müsste. Und in welchen? Ja, der Koran spricht zwar über Jesus, nennt ihn „Isa“, weist ihm sogar eine hohe Stellung als Prophet zu, allerdings nur als Mensch, nicht als der menschgewordene Gott. Der „Isa“ des Koran steht zudem unter Mohammed, dem endgültigen Siegel der Propheten (Sure 33,40). Mohammed ist also im Sinne des Koran der letzte und die Wahrheit im Vollsinn bringende Prophet. Und hier scheiden sich die Geister. Denn der Isa des Koran hat keine Sündenschuld am Kreuz getragen, Allah hat ihm den Kreuzestod erspart, ihn durch eine List errettet und gleich in den Himmel erhoben. Wenn er wiederkommt am Ende der Zeit, wird er – laut islamischen Glaubens – Muslim werden, heiraten, Kinder zeugen, alle Schweine schlachten und alle Kreuze zerstören, für 40 Jahre ein Reich der Gerechtigkeit errichten, sterben und neben Mohammed in Medina beigesetzt werden, so steht es in den Hadithen. Ein ehrlicher Dialog, den Diener ja will, muss dies ansprechen; und ehrlich wäre es, eine völlige Unvereinbarkeit festzustellen.

Die Frage nach der Wahrheit beantwortet Diener nicht deutlich. Weiter geht er nicht auf die islamischen Glaubensinhalte ein, was aber unbedingt nötig ist. Wie bei dem Themenkreis „Homosexualität und Bibel“ können evangelikale Christen Diener nicht folgen. Es ist ja nicht so, dass er offen gegen die Bibel spricht, aber er vermischt sie mit dem jeweils herrschenden zeitgeistigen Denken und bietet so eine Brücke an, die evangelikale Christen aber nicht betreten können, wenn sie die Bibel nicht verwässern wollen.

An die Bibel gebundene Christen prüfen jeden Geist

Auch zu anderen Themen in seinem Buch, etwa zur Abtreibung oder vorehelicher Sexualität – die Diener befürwortet – wünscht man sich eine deutlich an die Bibel angelehnte Stellungnahme. Das bedeutet nicht, dass Evangelikale über Diener als Richter auftreten. „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, mahnt Jesus (Matthäus 7,1). Das Urteil steht dem ewigen Gott allein zu. Evangelikale, an die Bibel gebundene Christen haben nur die Aufgabe, einen jeden Geist zu prüfen (1.Johannes 4,1). Und da müssen sie feststellen, dass Diener sie an den zeitgeistigen Hauptstrom der Öffentlichkeit und an die (noch) großen, aber säkularisierten Kirchen, heranführen will. Denn auffällig oft zitiert er offizielle Stellungnahmen der EKD. Bleibt zu hoffen und dafür zu beten, dass Evangelikale über Dieners Brücke nicht gehen, wenn sie nicht abstürzen wollen.

Der Apostel Paulus mahnt die Ältesten der Gemeinde von Ephesus, denen er bei seinem Abschied sagte: „So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde … Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen. Darum seid wachsam …“ (Apostelgeschichte 20,28-31a).

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