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Freiheit, Feigheit, Fleischtöpfe und das Leben – Gedanken zum Tag des Grundgesetzes – 23. Mai 2020

Egmond Prill. Foto: Lichtfang Kassel

von Egmond Prill

Am 23. Mai 1945 wurde die letzte national-sozialistische Reichsregierung in Flensburg verhaftet. Damit endete endgültig das „Dritte Reich“, das bereits Wochen zuvor militärisch kapituliert hatte. Nur vier Jahre später, genau am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland erlassen. Heute sehen viele das Grundgesetz in Gefahr, und es sind nicht nur „Spinner“.

An den vergangenen Wochenenden waren tausende Menschen auf den Beinen, um gegen die Corona-Politik und für das Grundgesetz zu demonstrieren. Da darf gefragt werden: Ging und geht es nur ums Grundgesetz oder oft einfach gegen Merkel und Mundschutz? Doch vielen Menschen dämmert es im Zusammenhang mit den Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie. Sie sehen ihre Freiheit bedroht. Nach der Nacht des National-Sozialismus war das Grundgesetz ein Durchbruch in eine neue Welt, ein helles Licht für individuelle Unabhängigkeit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Zwischen zwei Fixpunkten spannt sich das Grundgesetz. Einerseits in Artikel eins die fundamentale Achtung des Menschseins und zugleich die Abwehr staatlicher Übergriffe: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Andererseits die Bindung des Staates und des Menschen an Gott, wenn es in der Präambel heißt „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ In der Waagrechten wird jedem Menschen die gleiche Würde zugesprochen, die er als Ebenbild Gottes hat. Mensch und Staat stehen in der Senkrechten in der Verantwortung vor Gott. Freiheit und Würde sind keine Gnadenakte des Staates.

Bedrohte Freiheit

Das gesetzlich garantierte Briefgeheimnis, ebenso das Telefongeheimnis und voran das Bankgeheimnis sind löcherig wie ein berühmter Käse. Der Staat hat sich Zugriffrechte gesichert, die ihm nicht zustehen. Seit Jahrzehnten wird am gläsernen Bürger gearbeitet. Dies wird immer mit dem Thema „Sicherheit“ begründet und mit einer Portion Angst untermauert. Dass der Staat alle eMails scannt, jedes Bankkonto kennt, Lauschangriffe startet, mit einem Trojaner Computer infizieren und überwachen kann, ist weithin normal geworden. Bargeld-Abschaffung und totale Bewegungsüberwachung mit einer „CORONA-App“ oder Chip sind in Vorbereitung. Die meisten Menschen gehen willig mit.

Aktuell schreibt Prof. Dr. Nida-Rümelin: „Ein Übermaß an Angst macht aus Bürgern Untertanen, die Sehnsucht nach autoritärer Führung nimmt zu und das Vertrauen in die eigene Urteilskraft sinkt. Das muss uns auch in dieser Krise eine Warnung sein: Verwechselt das Gebot der Vorsicht, der Rücksicht und Umsicht nicht mit Ängstlichkeit. Ängstliche Menschen gefährden sich und andere mehr als mutige, aber kluge.“ (WELT 18. April 2020)

Bequeme Feigheit

Mit dem Prinzip Angst setzt der Staat seine wachsende Kontrolle unseres Lebens durch. Der „vormundschaftliche Staat“ hat längst Gestalt gewonnen, indem er „fürsorglich“ erklärt, was wir essen sollen, welche Autos wir fahren sollen und welche Lampen wir verwenden. Kanzlerin Merkel erklärte zum Erscheinen des Sarrazin-Buches „Deutschland schafft sich ab“, dass es nicht hilfreich ist. In einer Neujahrsansprache forderte sie im Blick auf Pegida und andere: „Folgen sie denen nicht!“ Aber ein freier Mensch entscheidet selbst, was er isst, was er liest und wem er nachfolgt. Staatliche Bevormundung mündet schnell in staatliche Erziehung und rutscht rasch in staatlichen Totalitarismus.

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichtes fragt und klagt: „Erfüllt das Grundgesetz wirklich noch eine seiner wichtigsten Aufgaben, nämlich Freiheit zu ermöglichen?“ Nach der Flüchtlingsflut, der Einführung einer „Ehe für alle“, dem maßlosen Sozialstaat und anderen Ereignissen und Entwicklungen verfasste er das Buch „DIE WARNUNG – Wie der Rechtsstaat ausgehöhlt wird. Deutschlands höchster Richter a.D. klagt an“. Grundsätzlich schreibt er: „Der Kern unserer Verfassung ist die Freiheit, das müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Das bedeutet auch, dass Gesetze nicht primär dafür da sind uns irgendetwas zu garantieren, sondern prinzipiell dazu dienen sollten, ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Sicherheit zu ermöglichen. Sie können zwar auch unsere Freiheitsrecht beschränken – aber das sollten sie nur dann tun, wenn das für unser Zusammenleben notwendig ist. Unsere Verfassung zielt vor allem auf die Sicherung von Selbstbestimmung und damit auch Selbstverantwortung.“ An anderer Stelle schreibt Papier: „Daher plädiere ich sehr entschieden dafür, dass die Rechtsordnung vermehrt wieder zu Eigenverantwortung und Eigeninitiative ermutigen und diese sichern sollte.“

Gefüllte Fleischtöpfe

Doch diese Eigenverantwortung in Freiheit zu leben ist für viele zu anstrengend. Besser drei geregelte Mahlzeiten, ein warmes Zimmer und verordnete Arbeitszeiten im Gefängnis als jeden Morgen neu zu überlegen: Wie komme ich durch den Tag, wie kann ich unabhängig und frei für mich sorgen? Das ist die Feigheit vor dem eigenen Leben gepaart mit der Angst vor der Freiheit, selbst zu entscheiden und zu handeln.

Die Bibel erzählt: Die Hebräer wurden nach 400 Jahren Knechtschaft in die Freiheit entlassen. Das wunderbare Ereignis jener Passa-Nacht, da der Todesengel durch Ägypten ging, aber Israel das Leben geschenkt bekam, das Leben in Freiheit. Geradezu sinnbildlich steht das Volk vor den Weiten der Wüste mit allen Unsicherheiten und Bedrohungen. Wasser und Brot wurden zu Lebensfragen, täglich neu. Und so kam schnell die Sehnsucht nach den „Fleischtöpfen Ägyptens“, nach der Rückkehr in den vormundschaftlichen und zugleich fürsorgenden Staat. Besser versorgt in der Sklaverei als frei und allein abhängig von Gott. Auch wenn in den Fleischtöpfen nur ungenießbare Knochen kochen, aber es gibt garantiert Brühe. In der Freiheit der Wüste gibt es nur Gott und jeden Tag neu die Suche nach Lebensmitteln und dem Lebensweg überhaupt. Die Worte der Herrnhuter Losung für den 23. Mai 2020:

Mose sprach: Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch heute gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes.“ (5. Mose 11,26-28).

Zum Leben befreit

Die Bibel beschreibt das Leben des Menschen in Freiheit. Das Leben des Einzelnen und das Zusammenleben in Gemeinschaft gelingen in der Verantwortung vor Gott. Später schreibt Ernst-Wolfgang Böckenförde:

„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist.

Spätestens an dieser Stelle muss gefragt werden: Was ist in unserem Staat in den Jahren der Merkel-Herrschaft zunehmend aus dem Lot geraten? Wohin geht die Reise? Betreutes Denken, alternativlose Einheitspolitik, oft gleichklingende Medien und je nach Wohlgefallen korrigierte Ergebnisse freier Wahlen.

Martin Luther hat christliches Leben so beschrieben: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ So oder so ähnlich müssen es die Mütter und Väter des Grundgesetzes verstanden haben. Darüber nachzudenken und dafür einzustehen ist die Aufgabe nicht nur am Tag des Grundgesetzes, sondern an jedem Tag, damit man nicht eines Tages in einer Diktatur aufwacht.

Mai2020 ©Egmond Prill – Alle Rechte vorbehalten.
www.egmond-prill.de

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