AG Welt e.V.

Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen e.V. zum charismatischen Katholizismus und damit verbundener Lehren

(AG WELT) Seit etwa 15 Jahren ist in Deutschland eine Laienbewegung zu beobachten, die Christen aus verschiedenen Konfessionen zusammenführen will. Dabei ist der 1979 in Metten (Niederbayern) geborene Johannes Hartl eine bestimmende Größe. Gemeinsam mit seiner Ehefrau gründete er 2005 das Gebetshaus Augsburg. Mit einem Gebetsmarathon 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag, mit großen Events und Aktionen soll ein geistlicher Ökumenismus zur Proklamierung der sichtbaren Einheit der Kirche Jesu bewirkt werden. Schon im jugendlichen Alter beschäftigte sich Hartl mit Mystik und lud erstmals in den 1990er Jahren zu Gebetsnächten ein. Hartl studierte katholische Theologie, ist Autor mehrerer Bücher und wird europaweit als Referent zu christlichen Veranstaltungen eingeladen. Einen Schwerpunkt der Gebetshaus-Aktion bildet die seit 2008 stattfindende „Mehr“-Konferenz, an der Anfang Januar 2018 etwa 11.000 Besucher teilnahmen und in einem idea-Kommentar (ideaSpektrum 1/2.2018) als „ökumenischer Wallfahrtsort“ bezeichnet wird. Mit dem Titel „Mission Manifest“ wurde zur 2018er Konferenz ein Thesenpapier verabschiedet, das – würden die Bezüge zum Papst, katholische Begrifflichkeiten und einige wenige andere Formulierungen herausgenommen – wohl jeder bibeltreue evangelische Christ unterzeichnen könnte. Selbst der Vorsitzende vom evangelikalen „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“, Ulrich Parzany, lobt Teile des Papiers als „wirklich mutmachende Initiative in der katholischen Kirche“. Immerhin nahmen an besagter „Mehr“-Konferenz nach Angaben des Veranstalters 34 Prozent evangelische Christen teil.

Die vom charismatischen Katholizismus geprägte Theologie Hartls übt einen starken und scheinbar anziehenden Einfluss auf konservativ-evangelikale Christen aus. Hartl verwendet in seinen Predigten und Vorträgen ein Vokabular, das unter Evangelikalen bekannt ist. Er wirbt unter anderem für die Anerkennung der Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift und für eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Er bekennt sich zum Wahrheitsanspruch der Wunder Jesu, wie auch zur Jungfrauengeburt. Ideologische Konzepte wie beispielsweise Gendermainstreaming werden von ihm abgelehnt. Auch in Fragen zu Ehe und Homosexualität vertritt Hartl eine biblische Haltung.

Doch Hartls Sprache und Rhetorik täuschen darüber hinweg, dass er ein Vertreter der katholischen Dogmatik ist, die in großen Teilen der biblischen Lehre widerspricht. Hätte sich Hartl mit seinen Aktionen aus der Tradition der katholischen Theologie entfernt, wäre er längst von führenden Amtsträgern seiner Kirche abgemahnt worden. Die Verantwortlichen im Bistum Augsburg sahen sich zwar dazu veranlasst, die theologische Ausrichtung des Augsburger Gebetshauses zu prüfen und ein Gutachten zu erstellen. Doch im Ergebnis dessen wurde festgestellt, dass im Gebetshaus Augsburg nichts gelehrt werde, was im Gegensatz zur katholischen Kirche stehen würde. Sieht Hartl seinen Auftrag darin, als geistlicher Agent die (aus katholischer Sicht) „verlorenen Schafe“ zur römisch-katholischen Kirche zurückzuführen?

Zur Frage, ob das Reformationsjubiläum 2017 ein Grund zum Feiern sei, schreibt Hartl in seinem bereits 2015 erschienenen Buch „Katholisch als Fremdsprache“: „Ja und Nein! Nein, denn können wir Christen eine Spaltung feiern, die objektiv eine ‚Sünde‘ ist? […] Feiern – Ja! Wir wollen unseren Gott feiern, der durch alle menschliche Sünde hindurch der Kirche unfassbar große Gnaden geschenkt hat.“ War also die Reformation Martin Luthers nicht nur kirchengeschichtlich, sondern auch geistlich in Bezug auf die fünf theologischen Prinzipien (Sola Fide, Sola Scriptura, Solus Christus, Sola Gratia, Soli Deo Gloria) eine sündhafte Fehlleistung? Schließlich geht es um die Frage: Wie kann ein sündiger Mensch mit einem heiligen, gerechten Gott Gemeinschaft haben, also vor Gott gerechtfertigt werden? Die katholische Kirche lehrt: Kein Heil ohne Werke. Es gibt keine Heilsgewissheit. Gottes Wort, die Bibel, lehrt: Die Errettung des Menschen geschieht allein aus Gnade, durch die er wiedergeboren wird und den Glauben an Christus schenkt. Der Mensch ist zwar in Christus gerecht, bleibt jedoch Sünder. Aus dieser Rechtfertigung vor Gott entspringen zwar gute Werke, aber vom Geist Gottes gewirkt, ohne menschliches Zutun. Auch Sakramente leisten keinen Beitrag an der Rechtfertigung. – Das katholische und das biblische Lehrkonzept widersprechen sich.

Nach Hartls Ansicht seien hauptsächlich menschlicher Stolz und Missverständnisse an der Kirchenspaltung schuld und man müsse mehr das Gemeinsame und weniger das Trennende in den Fokus rücken. Einer solchen Position müssen wir widersprechen. Wer die Heilsfrage als unwesentlich oder gar als störenden Faktor ausblendet, verabschiedet sich von der biblischen Manifestation der Rechtfertigung. Verschleierung biblischer Wahrheit um der Einheit der Kirche willen kann nicht der Auftrag sein, den sich Christen zu stellen haben. Im Rahmen der „Mehr“-Konferenz sagte Hartl auch, dass Gott „ein Party-Tier“ sei. Welchen Gott meint Hartl?

Hartl glaubt, dass das „Fallen im Geist“ eine „Kraftbezeugung Gottes“ sei. Von welchem Geist spricht dieser Theologe? In seinen Publikationen nimmt Hartl auch Stellung zum Gebet. In seinem Buch „In meinem Herzen Feuer“ schreibt er u.a. von der „…Einübung des Schweigens, der Bibelmeditation, des Lobpreises, des liturgischen Gebets, der beständigen Fürbitte, des 24-Stunden-Gebets, der eucharistischen Anbetung, des Rezitierens oder Singens biblischer Passagen, des hörenden Gebets, des Gebets bei Exerzitien oder auf einer Pilgerreise, des kontemplativen Gebets, des Jesusgebets – all das sind Formen, die den Beter Unterschiedliches lehren.“ Nach Hartls Theologie gelangt der Mensch durch eine bestimmte Haltung zum Gebet und durch den Glauben der römisch-katholischen Kirche samt ihrer (aus katholischer Sicht) unfehlbaren Dogmatik in eine errettende Beziehung zu Jesus.

Dieser wohl derzeit namhafteste Führer im charismatischen Katholizismus wirbt um eine sinnliche Religiosität, um eine katholisch geprägte Spiritualität, die besonders das Empfinden und die Emotionen eines gläubigen Menschen ansprechen soll. Gottes Gegenwart soll (im Gegensatz zu den reformatorischen Grundsätzen) durch Sakramente, durch stimulierende Techniken und musikalische Elemente emotional und sinnlich sichtbar, erfahrbar und verfügbar gemacht werden. So empfiehlt er beispielsweise auch den katholischen Rosenkranz mit seinen Gebeten zu Maria und lädt zum Praktizieren katholischer Riten und Bräuche ein. Solches Tun widerspricht der biblischen Lehre.

Hartl sieht sich als Teil der katholischen Kirche und damit als Teil eines Glaubens, der ihm verlässlich Richtung und Sicherheit geben würde. Würde Hartl allein der Heiligen Schrift vertrauen, müsste er jedoch Irrlehren innerhalb seiner eigenen Kirche beim Namen nennen. So aber ist Hartl der Überzeugung, dass die katholische Kirche vom Heiligen Geist geführt werde. Biblische Lehre setzt Hartl mit katholischer Lehre gleich und sieht im Papst den Führer aller Konfessionen, durch den Gott sprechen würde. Dieser Auffassung müssen wir in Verantwortung vor Gott klar und deutlich widersprechen.

Auch wenn im Gebetshaus Augsburg und auf „Mehr“-Konferenzen viel von Jesus geredet wird, lenkt der von Mystik durchwobene charismatische Katholizismus von Christus und seinem Erlösungswerk ab und führt Menschen in eine falsche Richtung. Wir halten es für völlig falsch, Hartls Theologie zu unterstützen oder in Teilen positiv zu bewerten, weil sie von einem Geist durchwoben ist, der mit dem Geist Gottes und seinem Wort nicht in Einklang zu bringen ist.

Der Vorstand
Lage, im Januar 2018

Die mobile Version verlassen