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Die Weihnachtsgeschichte ein „Märchenschatz“?

WELTBILD-Katalog 12/2012. Foto: Thomas Schneider
WELTBILD-Katalog 12/2012. Foto: Thomas Schneider

(AG WELT) In Millionen Haushalten ist er bereits Anfang Dezember eingetroffen: „Der große Weihnachts-Katalog“ von „WELTBILD“.

Der besondere Knaller ist ein „SPAR-COUPON“ für den Startband einer neuen Edition: „Nostalgischer Märchenschatz – Die Weihnachtsgeschichte“.

Wer 70 Prozent sparen wollte, konnte sich diesen ersten Band für nur 2 EURO und 99 Cent und portofrei „zum Kennenlernen und Behalten“ direkt ins Haus liefern lassen.

Im Werbetext des Kataloges heißt es:

„Die bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm – und vieles andere mehr! Mit Nachdrucken von wunderschönen, liebevoll angefertigten Illustrationen, die größtenteils bereits nicht mehr erhältlich sind! Nostalgisch und stilvoll gestaltete Sammlerausgabe – eine ideale Geschenkidee nicht nur für Kinder!“

WELTBILD gehört zu 100 Prozent der Römisch-Katholischen Kirche in Deutschland. So bietet quasi Kirche selbst Kindern und Erwachsenen die biblische Weihnachtsgeschichte als „nostalgischen Märchenschatz“ an.

Bereits 2008 kritisierte eine Initiative das Angebot an „Sexbüchern, gewaltverherrlichenden, esoterischen, magischen und satanischen Schriften“. Doch schon kurze Zeit nach der Einrichtung eines sogenannten „Filters“, gewissernaßen zur Selektion derartiger Angebote, wurde dieser auf Druck der Medien wieder entfernt.

„Buchreport“ berichtete Anfang 2011, dass WELTBILD auch EROTIK-Produkte im Sortiment habe. Nach Auffassung deutscher Bischöfe hätte wohl ein „Filtersystem“ versagt.

Der deutsche Literatur- und Medienwissenschaftler Alexander Kissler forderte den kompletten Ausstieg der Katholischen Kirche aus dem WELTBILD-Verlag. Eine Kirche müsse sich den Preis leisten können, „für die eine Entweltlichung um der Welt willen nicht nur eine fromme Phrase ist“, so Kissler gegenüber dem „Focus“,

Nach Esoterik, Sex, Magie und Erotik hat sich WELTBILD nun auch der Bibel angenommen und sie in die Kategorie der Märchen, Sagen und Mythen eingeordnet. Bis heute hat dazu die deutsche katholische Bischofskonferenz keine öffentliche Erklärung abgegeben. Nur die WELTBILD-Verlagsgruppe soll sich nach einer Meldung des Nachrichtenportals „kath.net“ für die Platzierung der Weihnachtsgeschichte in der Reihe „Nostalgischer Märchenschatz“ entschuldigt haben.

Unbeantwortet bleibt die Frage, wieso dem Leser die biblische Weihnachtsgeschichte auf dem Buch-Cover als „nostalgischer Märchenschatz“ präsentiert wird, im Innenteil aber von einer „wahren Geschichte“ die Rede ist, „die sich vor fast zweitausend Jahren tatsächlich zugetragen hat“.

Der WELTBILD-Katalog liegt seit Wochen in den Häusern und Wohnungen. Jeder kann „den Märchenschatz Weihnachtsgeschichte“ bestellen. Aber: Er wird ihn nicht geliefert bekommen. Auf Anfrage teilte WELTBILD gegenüber der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen mit, dass die Edition zwar bestellt werden könne, „der Startband der Edition mit der Weihnachtsgeschichte aber erst in etwa vier Wochen beim Kunden“ sei. Diese Aussage steht im Widerspruch zur Wirklichkeit. Denn der Startband „Die Weihnachtsgeschichte“ wurde zwischenzeitlich durch das Märchen „Frau Holle“ ersetzt.

Damit die Römisch-Katholische Kirche aus der Schusslinie kommt, dient nun zwischen der Amtskirche und WELTBILD eine sogenannte kirchliche Stiftung als Schmutzfänger. Letztere kann nun uneingeschränkt Religiöses, Spirituelles und Klerikales geschützter aber offensiver repräsentieren und verkaufen. Die Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen empfiehlt dem deutschen Leser mehr Wachsamkeit, Mut zur Kritik und die Nutzung plasphemiefreier Medien.

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