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Beeinflusst Satan beim Lesen von Harry Potter?

In „Harry Potter“ versunken? Foto: Baufispezi/pixelio.de

Von Melanie Schneider

Wer etwas über den Inhalt der „Harry Potter“-Bücher wissen will, sollte deren Zusammenfassung bei der freien Enzyklopädie „Wikipedia“ studieren. Ich habe alle sieben Bücher gelesen. Die Geschichte von den drei Freunden Harry, Ron und Hermine, die alle Abenteuer gemeinsam durchstehen und wo Streit aber auch echte Freundschaft gezeigt wird, ist wirklich gelungen. Und beim Lesen entsteht eine gewisse Faszination. Mit großer Spannung erwartet der Leser, wie es mit dem Geschehen weitergehen wird. Dennoch: Vieles ist fragwürdig!

Mit zwanzig Jahren kann ich durchaus zwischen Realität und Fiktion unterscheiden. Und vielleicht gerade weil ich in Bezug auf Zauberei und Magie eine klare Position vertrete, ist es für mich weniger problematisch, mich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die beim Lesen dieser Bücher entstanden sind; dabei auch die Frage, ob ich alle diese Bücher Kindern im Alter ab zehn Jahren empfehlen würde.

Die Herangehensweise ist zu prüfen

Wie bei allen anderen Angeboten im Leben ist auch hier die Herangehensweise zu prüfen. Was möchte ich? Wenn ich möchte, dass Kinder keine Gewalt sehen sollen, dann sollte ich von „Harry Potter“ genauso Abstand nehmen wie von Horrorfilmen, manchen Kriminalserien und vielen Romanen. Möchte ich, dass meine Kinder nicht mit dem Thema „Zauberei“ konfrontiert werden, dann sollte ich allerdings auch in dieser Hinsicht konsequent sein. Ja, in den Harry Potter – Büchern kommt Zauberei vor, aber beispielsweise auch in „Die Chroniken von Narnia“, in „Herr der Ringe“ oder in Dutzenden von Märchen der Gebrüder Grimm.

Natürlich könnte ein Grund dafür sein, Kinder vor dem Umgang mit Zauberei zu schützen, weil Gott in der Realität alle Art von Zauberei verabscheut. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie mit dem Thema „Zauberei“ umzugehen ist. Wenn ich als Christ dem Willen Gottes gehorchen will, dann sollte mich schon dafür interessieren, was Gott zu diesem Thema zu sagen hat.

Der Kampf zwischen Gut und Böse

Nun könnten einige argumentieren, dass „Herr der Ringe“ und die „Chroniken von Narnia“ immerhin von christlichen Autoren geschrieben wurden. Lewis und Tolkien waren beide Christen, wenn sie auch den christlichen Glauben auf ihre spezielle Art und Weise in ihre Werke einfließen lassen. Das Werk von Lewis ist eine Allegorie zum christlichen Glauben, wobei Tolkien eher versucht christliche Werte zu vermitteln. „Herr der Ringe“ sollte nie eine Allegorie darstellen. In beiden Werken tobt ein Kampf zwischen Gut und Böse. Und er hat Realitätsanspruch! Denn auch in unserer Welt tobt ein Kampf zwischen Gott und Satan, den keiner unterschätzen sollte. Auch das ist wahr: Es gibt definitiv mehr zwischen Himmel und Erde als wir sehen können. In beiden Werken kommt – wie in den „Potter“-Büchern Zauberei vor. Und kaum einer wird bestreiten können, dass auch bei „Harry Potter“ der Kampf zwischen Gut und Böse anschaulich aufgezeigt wird.

Wenn die Intention zum Lesen solcher Werke die ist, dass es doch „alle Welt“ tut, kann das durchaus positiv sein. Denn ich meine, es ist nicht falsch sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die die Welt bewegt – gerade wegen der Sorge um das Wohl des Kindes. Das bedeutet ja noch lange nicht, dass ich die Meinung der „Welt“ haben oder diese gar annehmen soll oder muss. Wenn ich mich selbst mit derartigen Werken auseinandersetze hat das den Vorteil, gut informiert zu sein, Antworten geben zu können und Missverständnisse aufklären zu helfen. Letzteres insbesondere für den Fall, wenn Geschehnisse aus den Werken komplett oder stückhaft auf das reale Leben übertragen werden sollte.

„Du bist noch zu jung. Das ist für dich jetzt nicht dran“

Wenn eine Schulklasse aus Büchern wie „Harry Potter“ vom Lehrer vorgelesen bekommt oder Freunde der eigenen Kinder sich mit solcher Lektüre beschäftigen, ist es höchste Zeit sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Wenn die Neugierde einmal geweckt ist, reicht ein schlichtes „Du bist noch zu jung. Das ist für dich jetzt nicht dran“ meist nicht mehr aus. Dabei ist es ganz selbstverständlich notwendig, Kinder beim Lesen nicht allein zu lassen! Wenn Eltern schon mangels Zeit und Kraft nicht die ganze „Potter“-Reihe lesen können, dann sollten sie zumindest einen Band komplett und die überall im Internet abrufbaren Zusammenfassungen lesen, um eine faire Kritik abgeben zu können.

Kinder im Alter zwischen zehn und vierzehn Jahren sind nicht unbedingt in der Lage eine klare Linie zwischen Realität und Fiktion zu ziehen, und schon gar nicht sich alle aufkommenden Fragen selbst zu beantworten. Generell ist es wichtig, sich kritisch mit den Inhalten von Büchern auseinanderzusetzen, die in Schulen und Universitäten zitiert werden und inzwischen zur „Allgemeinbildung“ gehören.

Gott scheut keine unangenehmen Fragen

Auch wenn Christen nicht die Meinungen dieser Welt adaptieren sollen, so ist es doch ihre Aufgabe in dieser Welt zu leben und sich mit aktuellen Fragen von heute zu beschäftigen. Ich meine, dass Scheuklappen wenig helfen um in der Spur Gottes zu bleiben. Christen sollten darauf vertrauen, dass Gott keine unangenehmen Fragen scheut und obendrein alle Antworten und auch den vollen Durchblick hat!

Schon oft habe ich mich gefragt, warum der Fokus der „Zauberei-Diskussion“ oft allein auf „Harry Potter“ liegt und ich glaube eine Antwort gefunden zu haben. Bei den genannten vergleichbaren Werken wird Zauberei zum Guten und zum Bösen benutzt. Es taucht Gewalt auf und es ist nicht immer von Anfang an klar, wer auf welcher Seite steht. ABER: Zauberei spielt dort nicht die Hauptrolle.

Schule beschäftigt sich mit Zauberei und Magie

Bei „Harry Potter“ ist das völlig anders. Es gibt eine komplette „Zauberer-Welt“, in der Zauberer leben, wo „Zauberer-Kinder“ zur „Zauberer-Schule“ gehen und böse Zauberer gegen gute Zauberer kämpfen. Was die Kinder in der Schule lernen, beschäftigt sich also mit Zauberei und Magie. Das dürfte schon ausreichen um aufzuzeigen, dass in den Potter-Büchern Zauberei eine sehr wesentliche Rolle spielt.

Der erste „Potter“-Band ist noch recht harmlos und „kindgerecht“. Er führt in die Personen ein, schildert den Anfang von allem, und so weiter. In den Folgebänden wird die Handlung komplexer, die Vorfälle grausamer und die dunkle Macht – symbolisiert durch Voldemort – mächtiger. Es tauchen Dementoren auf, die die Seele von Menschen und Zauberern gleichermaßen aussaugen können. Bei manchen Figuren ist bis zum Ende des siebten Bandes nicht klar, auf welcher Seite sie stehen. Es gibt – und das bewerte ich schon als sehr gefährlich – die Unterscheidung zwischen gutem und bösem Zauber. Wahrsagerei und der generelle Umgang mit Zauberei wird bis zu einem gewissen Grad verharmlost (es lernen ja schließlich schon Kinder). Themen wie Besessenheit und Gedankenlesen werden zu sorglos behandelt.

Wenn Fiktion in die Realität eindringt

Was ist, wenn ein Kind mitten im Lesen des vierten Bandes „Harry Potter“ zu den Eltern kommt und fragt: „Gibt es eigentlich wirklich Dementoren? Wenn ich einen treffe, kann er mir dann die Seele aussaugen oder kann ich mich mit einem Patronus verteidigen? Oder wenn ich das nicht darf, wer schützt mich denn dann? Was ist eigentlich eine Seele?“ – Spätestens dann ist klar, dass die Fiktion in die Realität eingedrungen ist und die Gedanken des Kindes beeinflusst. Ich glaube dann gibt es ein Problem, außer man ist darauf vorbereitet. Sind Eltern darauf vorbereitet? Halten sie Kontakt zu ihren „Schützlingen“ oder lassen sie sie mit ihrem Fragen allein? Wenn Eltern mit ihren Kindern nicht im Gespräch bleiben, werden sie nie erfahren, welchen Einfluss das Fiktive auf ihr Leben genommen hat.

Angriffsflächen für Satan

Beeinflusst Satan Kinder durch das Lesen von Lektüre wie „Harry Potter“? Es ist nicht auszuschließen, aber es wird nicht bei jedem Kind gleichermaßen ausgeprägt sein. Satan versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Menschen – da sind auch Christen nicht ausgenommen – von einer Verbindung zu Gott abzubringen. Selbst ein dauerhaftes Lesen oder Schauen von „Rosamunde Pilcher“ oder auch ein Hobby wie Tanzen oder Golfspielen kann schädliche Auswirkungen auf unsere Gottesbeziehung haben, wenn wir sie zum Lebensmittelpunkt werden lassen. Natürlich bietet „Harry Potter“ mehr Angriffsfläche für den Satan, weil dadurch Zauberei verharmlost und auf den Leser sehr echt wirken lässt. Ja, sie kann Neugierde auf Kontakte mit dunklen Mächten wecken und deshalb gefährlich für den sein, der sich darauf einlässt. Auf den ersten Blick mag es faszinieren, durch Handlesen oder Wahrsagen mehr über seine eigene Zukunft zu erfahren, durch Flüche und Gegenflüche, Gedankenlesen oder Gedächtnisveränderung Einfluss auf andere Menschen ausüben zu können oder sich auf sich selbst und das eigene Können und auf auserwählten Schutzzauber zu verlassen? Diese Sehnsucht nach Übersinnlichem, Macht über sich und andere zu haben, greift bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen. Deshalb sollten wir bei allem, was unseren menschlichen Verstand übersteigt, unaufhaltsam mit Gott im Gespräch bleiben.

Sicher bieten „Harry Potter“-Bücher Kindern spannende Geschichten. Wer die „Potter“-Bücher als „Spaßlektüre“ wählt, sollte die Gefahr der Verschmelzung von Fiktion und Realität nicht unterschätzen. Als ich im Teenager-Alter einige Werke von „Stephen King“ gelesen habe, durfte ich selbst erfahren, wie mein Denken durch die Inhalte (Gibt es so etwas wie Pyrokinese und andere übernatürliche Gaben wirklich und wie kann man sie nutzen?) beeinflusst wurde. Eltern haben verantwortlich zu entscheiden, ob sie ihre Kinder von der „Welt“ und ihren Einflüssen abschotten oder bei der Herausbildung eigener Erfahrungen begleiten sollten.

[Melanie Schneider studiert Grundschullehramt in Münster.]

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