(AG WELT) Trotz Protesten wird im Bürgerfoyer des Sächsischen Landtages vom 23. November bis zum 21. Dezember die Ausstellung „Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS- und SED-Regime“ gezeigt.
Frau Linke vom Büro des Sächsischen Landtages teilte heute auf Anfrage mit, dass die Ausstellung vom Präsidenten des Sächsischen Landtages, Matthias Rößler, am Dienstag persönlich eröffnet wurde.
Die Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen (AG WELT) hatte Rößler in einem Brief am 11. November gebeten, die geplante Ausstellung abzusagen. Besonders den totalitären Umgang der Sekte mit Aussteigern hält man für äußerst bedenklich, der sich im Gemeinschaftentzug und in sozialer Ächtung äußert.
Gegen die Ausstellung spreche auch, dass sich die Mitglieder der Religionsgemeinschaft vom Grundsatz her nicht an politischen Wahlen beteiligen. Ihr Fernbleiben von den Wahlurnen sei, so die AG WELT im Brief an den Landtagspräsidenten, „sehr deutlich als politisch motiviertes Signal im Blick auf deren Positionierung zum Gemeinwesen der Bundesrepublik Deutschland zu werten“.
Auch der Beauftragte für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche in Sachsen, Harald Lamprecht, kritisierte die Ausstellung der Zeugen Jehovas im Sächsischen Landtag. Gegenüber dem Evangeliumsrundfunk (ERF) sagte Lamprecht:
„Das Thema Verfolgung wird von den Zeugen Jehovas gern dafür genutzt, um Sympathiepunkte zu sammeln. Ungerechtfertigtes Leiden ist immer etwas Schlimmes und das erzeugt Solididaritätsgefühl mit den Opfern.“
So sei unbestritten, dass die Zeugen Jehovas in beiden deutschen Diktaturen leiden und viele von ihnen in Konzentrationslagern und Gefängnissen ihr Leben lassen mussten. Das bringe, so Lamprecht, eine „zwiespältige Situation“, dass man einerseits Mitgefühl mit den Opfern haben kann; andererseits dürfe es „nicht blind machen dafür, wie die gegenwärtige Organisation der Zeugen Jehovas wieder neue Opfer“ erzeuge.
Lamprecht findet es befremdlich, dass der Landtag in Dresden der Sondergemeinschaft eine Plattform biete, sich zu präsentieren. Er halte es für bedenklich, dass sich die Zeugen Jehovas „generell und grundsätzlich“ aus der Gestaltung des Gemeinwohls heraushalten. Gelehrt werde von der Gruppierung, dass Politik kein Gebiet sei, wo sich Zeugen Jehovas einmischen dürften.
Den Umgang der Zeugen Jehovas mit Aussteigern hält auch Lamprecht für höchst problematisch. Aussteiger seien von einem Tag auf den anderen allein. So würden Sektenmitglieder aufgefordert, die Straßenseite zu wechseln, wenn ihnen ein Abtrünniger entgegenkommt. Solche Abgrenzungsstrategie bezeichnet Lamprecht als typisches Merkmal einer Sekte.
Dass die Ausstellung im Dresdner Landtag nun doch stattfindet, zeigt, dass sich weder Abgeordnete noch der Landtagspräsident mit dem Aspekt beschäftigt haben, wie Zeugen Jehovas zur Politik stehen. Damit fördert der Sächsische Landtag eine Organisation, die dem gesellschaftspolitischen Leben und letztlich der demokratischen Grundordnung in Deutschland distanziert gegenübersteht.