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Basiert Akupunktur in Europa auf Fantastereien?

Quelle: idea.de

Arzt: Lehrinhalte stehen dem Aberglauben näher als der Wissenschaft. Foto: Pixelio/Harald Wanetschka
München/Berlin (idea) – Die in Europa populäre Akupunktur gerät zunehmend in die Kritik. Die aus China stammende Methode geht davon aus, dass von Nadelstichen an bestimmten Stellen des Körpers eine heilsame Wirkung ausgeht. Die Therapie wird unter anderem gegen Migräne angewandt.
 

Nach der Lehre zirkulieren im Körper Lebensenergien (Qi), die einen steuernden Einfluss auf alle Körperfunktionen haben sollen. Wird dieser Energiefluss gestört, kommt es zu Krankheiten, so die Lehre. Durch die Nadelstiche soll der freie Fluss der Lebensenergie wiederhergestellt werden. Ein Experte auf diesem Gebiet, der Arzt Hanjo Lehmann (Berlin), behauptet, dass der Begründer der Akupunktur in Europa – der Franzose George Soulié de Morant (1878-1955) – ein Scharlatan war. „Alle Indizien deuten darauf hin, dass er in China nie eine Nadel gestochen, vermutlich sogar nie eine Nadelung gesehen hat“, schreibt Lehmann in einem kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Beitrag, der Mitte August in gekürzter Fassung in der Süddeutschen Zeitung (München) nachgedruckt wurde. Der Autor leitet das Deutsche Institut für Traditionelle Chinesische Medizin, das die wissenschaftliche Basis chinesischer Medizin erforscht. Nach seinen Worten hat de Morant die Behandlung mit der Nadel verfälscht oder gar frei erfunden. „Die Fantastereien des Franzosen bestimmen bis heute die Lehrinhalte, bis hin zum ‚Musterkursbuch Akupunktur’ der Bundesärztekammer“, so Lehman. Die Einführung der „Zusatzbezeichnung Akupunktur“ für Ärzte in Deutschland im Jahre 2003 sei voreilig gewesen: „Sie zementierte spekulative Lehrinhalte, die vielfach dem Aberglauben näher sind als der Wissenschaft.“ Kritiker der Akupunktur verweisen auch auf Studien, nach der Nadelungen nicht nur an den 361 klassischen Akupunkturpunkten helfen, sondern auch anderen Stellen. Sie sehen darin einen Beleg dafür, dass hier der Placebo-Effekt und nicht die Behandlung wirkt.

Widerspruch zum biblischen Gottesbild

Grundsätzlich kritisch steht der Theologe und Religionswissenschaftler Michael Kotsch (Bad Meinberg) der Akupunktur gegenüber. Ihre Systematik entstamme einem magischen Weltbild. Der religiöse Hintergrund der Akupunktur schließe einen personalen, frei entscheidenden und der Welt gegenüberstehenden Gott aus. Bei dieser Therapie stehe die kosmische Kraft Qi für die höchste übernatürliche Macht. Dabei handele es sich um eine anonyme unpersönliche Energie, der aber gottgleiche Qualitäten zugeschrieben würden. Kotsch: „Das Gottesbild der Akupunktur widerspricht dem biblischen eindeutig.“ Der Theologe ist Vorsitzender des evangelikalen Bibelbundes und Autor des Buches „Moderne Medizin und Ethik“ (Band 1), in dem es auch um Akupunktur geht.

EZW gegen vorschnelle Verteufelung

Gegen eine „vorschnelle Verteufelung“ alternativer Gesundheitsangebote wendet sich Michael Utsch, wissenschaftlicher Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin. Die westliche Schulmedizin könne auch vom Wissen anderer Kulturen lernen und profitieren. Die Vorstellungen vom Leben und den zugrundeliegenden Wirkmechanismen fielen etwa in der Akupunktur anders aus als in Europa. Westliche Schulmedizin und traditionell chinesische Medizin böten mit ihren Modellen verschiedene Zugänge zur Schöpfungswirklichkeit Gottes, die niemals in einem bestimmten System komplett abgebildet werden könnten. „Die Wunder der Schöpfung und des Lebens sprengen jedes menschliche Denkvermögen“, so Utsch. Weil sich auf dem alternativen Gesundheitsmarkt allerdings auch viele Quacksalber tummelten, sei der gesunde und kritische Menschenverstand gefragt: „Prüfet alles, und das Gute behaltet.“

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