PDF: Scientology – Science Fiction trifft Religion
Bevor L.Ron Hubbard seine Organisation gründete, war er ein durchaus erfolgreicher Sciencefiction Autor in Hollywood. Nebenher beschäftigte er sich mit Esoterik und Okkultismus.
Dann entwickelte er folgenden Mythos: Ursprünglich konnten sich rein geistig die Seelen der Menschen (Thetan) frei im Universum bewegen. Dann wurden sie von einer bösen Macht an einen materiellen Körper gebunden. Engramme (negative Eindrücke und schmerzliche Erfahrungen) verhindern seitdem, dass sich die Thetanen in ihrer ganzen potentiellen Macht entfalten können. In Kursen und Auditings sollen diese Engramme iden-tifiziert und aufgelöst werden. Am Ende ist der Mensch „clear” und hat einen Operierating Thetan (OT), der nicht länger an die Materie und die Welt gebunden ist. Der OT erlebt „die Verwirklichung der völligen seelischen Freiheit, der vollkommenen Erlösung. Der Geist (Thetan) ist befreit vom ewigen Kreislauf des Geborenwerdens und Sterbens“ (Scientology Kirche 23).
Scientology will ein „Weg zum Heil“ sein. Sie sucht das Heil der unsterblichen Seele im Zentrum ihrer Mission“ (Die Scientology Kirche 15). Dieses Konzept beschreibt Hubbard in seinem Buch „Dianetik. Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“ (1950). In zahl-reichen Tarn- und Unterorganisationen sollen das Gedankengut von Scientology verbreiten und in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft anwenden: World Institut of Scientology Enterprises (WISE) für die Wirtschaft, Association for Better Living and Education (ABLE) für Soziales, Zentrum für individuelles und effektives Lernen (ZIEL) für pädagogische Anwendungen, Narconon für Drogenrehabilitation, Komission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM), Mitbürger unterstützen Toleranz e.V. (MUT) usw. Mithilfe dieser Initiativen will Scientology schlussendlich die ganze Welt „clear“ machen.
Innerhalb der Organisation herrschen eine strenge Hierarchie und Überwachung. Mitglieder investieren viel Geld und Zeit in Scientology. Kritiker der Bewegung werden als „Unterdrücker” und „asoziale Persönlichkeit” bezeichnet und mit Diffamierungen und Prozessen bekämpft. Prominente genießen bei Scientology einen besonderen Service. Gerne bedient man sich deren positiver Aussagen, um positiv in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Scientology wirbt vor allem über berufsbezogene Fort-bildungsangebote und über einen Persönlichkeitstest. Die festgestellten Defizite sollen dann mit Scientology- Kursen behoben werden. Am Anfang wird zumeist ein unverdächtiger Kommunikationskurs angeboten. Dem folgen gewöhnlich weitere, wesentlich kostspieligere Kurse und Auditing- Sitzungen, die in einer Art Gesprächstherapie, die blockierende Engramme (schmerzhafte Erinnerungen des Unterbewusstseins aus der Vergangenheit) bewusst machen und neutralisieren sollen.
Zwischen dem christlichen Glauben und dem Scientology-Weltbild gibt es nur wenige Gemeinsamkeiten. Das scientologische Konzept vom Menschen, vom Jenseits, von Gott, von der „Erlösung” unterscheidet sich radikal von biblischen Aussagen. Kontakt mit Scientology sollte mit Vorsicht aufgenommen werden. Interessenten werden schnell eingebunden, Mitglieder können nur schwer aussteigen. In Deutschland ist Scientology mit rund 10.000 Sympathisanten insbesondere in den Großstädten vertreten.
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Bibelstellen:
– zur Wertung des Körpers (1Mo 1,27-31; Pred 3,11; Joh 1,14; 1Kor 3,16; 1Tim 4,4)
– zum eigentlichen Problem des Menschen (Apg 3,19; Joh 8,34; Röm 3,23ff; 5,12; 6,23; Jak 1,15)
– zum Umgang mit der „negativen Vergangenheit” (Spr 28,13; Lk 8,48; Eph 2,8; Kol 1,14; 1Joh 1,9)
– zur Herkunft der Welt (1Mo 1,1ff; Joh 1,3.10; Kol 1,15f).
Literatur:
– Deutscher Bundestag Hrsg.: Endbericht der Enquete- Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen, Bonn 1998
– Friederich Wilhelm Haack: Scientology – Magie des 20. Jahrhunderts, München3 1995
– Frank Nordhausen / Liane von Billerbeck: Scientology. Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will, Berlin2 2008.
Scientology und das Erdbeben von Haiti
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Der bekannte Hollywoodstar und bekennende Scientologe John Travolta setzte sich dafür ein, dass ein Team freiwilliger Scientology Mitarbeiter und einiger Mediziner publikumswirksam zum Helfen nach Haiti kamen. Höchstpersönlich flog Travolta in seiner privaten Boeing 707 rund sechs Tonnen Hilfsgüter, einige Mediziner und Scientology- Mitarbeiter nach Haiti. Laut einer Pressemitteilung sollen die Scientologen vor allem „geistliche Erste Hilfe“ leisten, natürlich im scientologischen Sinne. Sie sollen die Überlegenden motivieren die Vorteile des Auditing kennenzulernen, um ihre schmerzlichen Erlebnisse in geistige Befreiung zu verwandeln. Scientologen sehen in der Tragödie auch eine Chance der Menschen zu Befreiung der Menschen von ihren Engrammen (Blockierungen durch schmerzliche Erlebnisse). Der Guardian erinnert in diesem Zusammenhang an die Aufforderung des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard, die Medien nach Katastrophen und Trauerfällen zu durchkämmen, um den Überlebenden „Dianetiks“ anzubieten und sie für Scientology zu gewinnen (Casualty Contact). Der Öffentlichkeit gegenüber sollten die Scientologen lediglich erwähnen, sie würden denen helfen, die Hilfe nötig hätten, auch wenn es eigentlich um die Verbreitung von Scientology ginge. (Vgl. The Guardian 22.1.2010)
In der Hauptstadt Port-au-Prince bieten die Scientology-Anhänger den Überlebenden des Erdbebens, die unter Plastikplanen im Hof eines Krankenhauses kauern, nun ihre Hilfe an – durch Handauflegen. Mit der Therapie namens „Assist“ würden unterbrochene Nervenverbindungen wieder zusammengefügt, damit die durch das Trauma steckengebliebene Energie wieder fließen könne, erklärt Sylvie, eine Scientology-Heilerin aus Paris.
Kritiker werfen dem Star und der Sekte allerdings vor, die Katastrophe nur für sich zu nutzen. So würden die Helfer in den gelben T-Shirts vornehmlich da helfen, wo auch Kameras seien, um möglichst werbewirksam für Scientology aufzutreten. Zudem würden sie pseudoreligiöse Verfahren anbieten, wo eigentlich Ärzte gebraucht würden. Hollywood-Stars wie die Scientologin Kirstie Alley hingegen jubeln Travolta zu.
Doch scheint Kritik durchaus angebracht, wenn nach der Naturkatastrophe gerade Scientologen den traumatisierten Opfern helfen wollten, lehnen sie doch die traditionelle Psychiatrie ab und wollen die Menschen zur scientologischen Gesprächs-therapie (Auditing) bekehren, da sie nur so von den negativen Folgen ihrer schmerzlichen Erlebnisse geheilt werden könnten.
Bereits nach dem 11. September 2001 verteilten Scientologen ihre Flugblätter rund um das eingestürzte World Trade Center, selbst innerhalb des von der Polizei gesperrte Bereits wurden sie aktiv und erschienen so im Hintergrund zahlreicher Fernsehberichte. Dem in den USA bekannten Fernsehsender Fox News stellten sie sich als Mitarbeiter der National Mental Health Assistance vor, sodass ihre Telefonnummer fünf Stunden lang in allen Fox Nachrichten eingeblendet wurde. Doch statt bei staatlichen Stellen landeten Hilfe-suchende bei Scientology. „Die Öffentlichkeit muss begreifen, dass die Scientologen diese Tragödie nutzen, um neue Mitglieder zu werben“, so der Präsident der NMHA (National Mental Health Association). „Sie dienen nicht der psychischen Hilfe bei traumatisierten Opfern.“ Feuerwehrmännern, die während des Einsturzes und bei den Aufräumarbeiten viel Staub einathmeten, wurde von Scientology ein ominöser und von Ärzten kritisierter „Purification Rundown“ angeboten (Saunen mit hohen Dosen von Niacin). Damals war auch Hollywoodstar Tom Cruise mit von der Partie. (vgl. The Guardian 22.1.2010)
Scientologen waren ferner präsent nach dem Tsunami in Asien (2004), nach dem Hurrikan Katrina 2005 (mit Travolta) und der terroristischen Geiselnahme in Beslan (2004), zumindest bis ihre Aktivitäten durch das russische Gesundheitsministerium untersagt wurden. Auch nach den Bombenanschlägen auf die Londoner U- Bahn (2005) waren Scientologen unterwegs, um unter den überlebenden Opfern neue Anhänger zu gewinnen, wie ein unter Schock stehender Betroffener berichtete.
Nach einer festen Scientology-Werbestrategie werden deshalb bei vielbeachteten Katastrophen medienwirksam gelbe Scientology-Zelte aufgebaut in denen „Touch Assists“ durch Berührungen mit der Hand den Thetan (allmächtige Geistkraft) der Opfer und auch ihren Körper heilen oder zumindest die Heilung beschleunigen sollen. Öffentliche Aufmerk-samkeit erhalten diese scientologischen Hilfseinsätze vor allem durch die Präsentation bekannter Scientologen aus Musik und Hollywood.
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Verdeckte Werbung für Scientology
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Der baden-württembergische Verfassungsschutz warnte Anfang Februar 2010 vor der Kampagne „United for Human Rights“ (UHR). Dahinter verberge sich ein Ableger der Scientology-Organisation.
Über positiv besetzte Themen wie Menschenrechte sollten Bürger Kontakt mit Scientology bekommen. Die verdeckte Werbeaktion richte sich insbesondere an Kinder und Jugendliche. Es bestehe die Gefahr, so der Verfassungsschutz, dass junge und idealistisch eingestellte Menschen unwissentlich einer Untergliederung von Scientology beiträten. Da Scientology in der deutschen Öffentlichkeit keinen guten Ruf genießt versucht die Organisation unter einer Vielzahl von Unterorganisationen Menschen für die eigene Ideologie zu werben. Dabei werden beispielsweise Persönlichkeitstests eingesetzt, Manage-mentschulungen, Hilfe für Psychiatrie-Opfer oder Kommunikationskurse.
Auf ihrer Internetseite wird ansprechend
Internetwerbung der Scientologen
und technisch hochwertig für ein Engage-ment zur Stärkung der Menschenrechte ge-worben. Die Zweigorganisation „Youth for Human Rights International” (YHRI) soll insbesondere Jugendliche ansprechen. Ihren Hauptsitz hat die Organisation in Los Angeles. Um Seriosität zu suggerieren wird in den Unterlagen auf die Arbeit von UN, UNICEF und den Festredner einer Friedensnobelpreis Verleihung Oscar Arias Sánchez aufmerksam gemacht.
Poster, DVDs und illustrierte Arbeitsbücher werden an interessierte Jugendliche verschenkt oder an willige Lehrer verteilt, damit diese das Material an ihre Schüler weiterleiten oder im Unterricht verwenden. Eine Mappe mit dem Titel „Menschenrechte zum Leben erweckt“ enthält eine professionell produzierte DVD und Bro-schüren, die etwa die allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder Zitate von berühmten Persönlichkeiten wie Nelson Mandela, Martin Luther King und Mahatma Gandhi enthalten. Nicht einmal der Name des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard taucht auf. Doch der Verfassungsschutz verweist auf ein internes Rundschreiben des Scientology-nahen „New Era“-Verlages vom August 2009, wonach die „Menschen-rechts“-Werbung auf die Mitglieder-gewinnung abziele. Sie sei ein „wichtiges Verbreitungs-Werkzeug“ für Scientology.
Anlässlich des 60. Jahrestags der Deklaration der Menschenrechte durch die UN organisierte die Leiterin der Organisation Mary Shuttleworth 2009 eine weltweite Werbetour („Youth for Human Rights Word Tour“), während der, insbesondere Politiker für das Programm geworben werden sollten. Veranstaltungen in Jordanien, Barbados, Australien, Uganda, Mexiko, Schweiz, Kolumbien, Argentinien, Russland und Südafrika wurden organisiert.
Die seit 2001 angebotenen Broschüren werden zwischenzeitlich in 18 Sprachen angeboten und sollen über die Erklärung der Menschenrechte für Scientology- Gedankengut werben.
Die öffentliche Be-werbung der Menschenrechte verwundert, da Aussagen von Scientology im offenen Gegensatz zum „Recht auf freie Meinungsäußerung“ zu stehen scheinen: So verurteilen scientologische „Ethik-Kodizes“ öffentliche Äußerungen gegen Scientology als „unterdrückerische Handlung“ und „Schwerverbrechen“. Kritiker gelten als Kriminelle. Der ranghöchste Scientology-Manager verglich in einer in der Zeitschrift „IMPACT“ abgedruckten Rede die „Feinde“ der Scientology mit „Bakterien“, die man besser „vernichtet“. [„IMPACT“ Nr. 112/2006, S. 19.]
Autor: Michael Kotsch
(Quelle: Zeitjournal Mai 2010) © AG Welt e.V.