PDF: Mordanschlag auf Mohammed-Karikaturist – schon Geschichte?
Am Neujahrstag 2010 verübte ein aus Somalia stammender Mann einen Mordanschlag auf den bekannten dänischen Zeichner Kurt Westergaard. Der Angriff war offenbar auf die vor viereinhalb Jahren (am 30. September 2005) von der Zeitung „Jyllands-Posten” unter dem Titel „Das Gesicht Mohammeds“ abgedruckten zwölf Mohammed-Karikaturen zurückzuführen.
Verfolgung und Morddrohungen
Auf der von Westergaard gezeichneten Mohammed-Karikatur trägt der Prophet Mohammed eine Bombe mit brennender Zündschnur als Turban. Viele Muslime fühlten sich dadurch in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Die Karikaturen, die vielen nur vom Hörensagen bekannt waren, lösten international Kontroversen, gewaltsame Proteste in der muslimischen Welt, Anschläge auf nordische Botschaften und den Boykott dänischer Erzeugnisse aus. Etwa 150 Menschen seien bei den muslimischen Aufmärschen ums Leben gekommen. Die eskalierende Gewalt in der arabischen Welt rief sogar EU-Diplomaten auf die Tagesordnung. Seitdem wird Westergaard verfolgt, erhält Mord-drohungen und steht unter Polizeischutz.
Mordversuch nur knapp entgangen
Der 28-jährige Somali, der mit Axt und Messer bewaffnet in das Haus des Künstlers eingedrungen war, habe „Rache“ und „Blut“ gerufen und nach Angaben des dänischen Geheimdienstes PET (Politiets Efterretningstjenest) Verbindungen zu den radikal-islamischen Al-Shabab-Milizen und zur Führung des Netzwerkes Al-Qaida in Ostafrika. Der dänische Geheimdienstchef Jakob Scharf hatte den Vorfall in einer Erklärung als „sehr schwer” eingestuft. Westergaard war es gelungen, sich gemeinsam mit seiner fünfjährigen Enkelin in ein als Schutzraum umgebautes Badezimmer einzuschließen und Alarm auszulösen. Dem am ersten Tag des neuen Jahres begangenen Mordversuch entkam der 74-jährige dänische Künstler nur knapp. Der Angreifer bedrohte auch die angerückte Polizei, die ihn anschoss und überführte. Den Somali, der eine gültige Aufenthaltsgenehmigung als Asylbewerber vorlegen konnte, erwartet eine Anklage wegen Mordversuchs.
Religiöser Wahn treibt zu Hass und Gewalt
Bereits im Februar 2008 hatte die dänische Polizei einen Anschlag auf den Karikaturen-Zeichner vereitelt. Obwohl Westergaard nur knapp dem Tod entging, bereut er nach eigenen Angaben seine Zeichnung von 2005 nicht. Für ihn sei es, so äußerte er sich in einem Interview mit dem Tagesspiegel vom 4. Januar 2010, ein Auftrag wie jeder andere gewesen. Er sei zu alt und zu starrköpfig, um sich noch zu beugen und diese Sache werde ihn wohl bis an sein Lebensende verfolgen.
Kurt Westergaard war jedoch nur einer von 12 mutigen Personen. Sein hoher Bekanntheitsgrad führte schließlich dazu, den gesamten Hass der Muslime auf sich zu ziehen. Aber auch der schwedische Karikaturist Lars Vilks, der 2007 den Kopf des islamischen Propheten Mohammed auf einen Hundekörper gezeichnet hatte, wird nach eigenen Angaben von einem Anrufer aus Somalia bedroht. Schon vor drei Jahren hätte eine Terrorgruppe aus dem Irak ein Kopfgeld in Höhe von 100.000 Dollar (65.000 Euro) auf den schwedischen Künstler ausgesetzt. Wie es eine Zeichnung schaffen kann, Menschen islamischen Glaubens im religiösen Wahn zu Hass und Gewalt zu treiben, zeigt die Geschichte der Mohammed-Karikaturen, die den Stoff dazu hat, in eine unendliche Geschichte zu entarten.
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Autor: Thomas Schneider
(Quelle: Zeitjournal Mai 2010) © AG Welt e.V.