Zwei Studien der Universität Bern innerhalb des Nationalen Forschungsprogramms (NFP 58) haben herausgefunden, dass der Buddhismus bei der Schweizer Bevölkerung große Sympathien genießt
Auch in politischen, wissenschaftlichen und kirchlichen Kreisen gibt es wenige kritische Stimmen. Im Gegensatz zu muslimischen Moscheen werden buddhistische Bauwerke eher als Bereicherung des Landes angesehen. Dies vor allem, weil der Buddhismus als nicht missionierende, tolerante und undogmatische Religion gilt. Obwohl buddhistische Lehren mit dem Christentum nicht vereinbar sind, haben viele Angehörige der christlichen Kirche kein Problem damit, solche mit ihrem Glauben zu verbinden. Laut Studie ist ein weiterer Pluspunkt des Buddhismus, dass er „in keinerlei Widerspruch zur Wissenschaft stehe“. Neurowissenschaftler seien beispielsweise sehr interessiert an buddhistischen Meditationstechniken.
Besondere Sympathien werden den seit den 60er Jahren in die Schweiz einwandernden tibetanischen Buddhisten entgegengebracht. Obwohl durchaus auch an kriegerischen Auseinandersetzungen beim Kampf um Tibet beteiligt, gelten sie gemeinhin als friedliche Märtyrer. Nach Auskunft der Studie sehen viele der Befragten eine große Übereinstimmung zwischen buddhistischen und schweizerischen Grundwerten. Auch die vorgebliche Toleranz des Buddhismus gegenüber anderer Religionen tragen zur Akzeptanz des Buddhismus bei.
Außerdem wird der Dalai Lama, als Inbegriff von Toleranz, Respekt, Besch-eidenheit von Buddhisten und Nicht-Buddhisten als allgemeines Vorbild betrachtet. Eingewanderte Tibeterinnen und Tibeter, vor allem in zweiter oder dritter Generation, sehen ihren Glauben eher als Lebensphilosophie denn als Religion und gliedern sich in den Schweizer Alltag ein.
Kritiker meinen jedoch, dass aufgrund der Idealisierung des Buddhismus die Gefahr einer globalen „Buddhokratie“ bestehe. Weil manche Aussagen des Buddhismus scheinbar Freiheit und Individualität fördern, werden sie im Westen gerne aufgenommen. Meistens aber kennen europäischen Buddhisten die historischen und lehrmäßigen Hintergründe des Buddhismus nur oberflächlich.
Die vom Dalai Lama angestrebte „Buddhokratie“ sei, nach Auskunft von Kritikern, ebenso radikal wie der fundamentalistische Islam. In seinen höheren geheimen Einweih-ungsstufen fordere das Kalachakra-Tantra die bedingungslose und grenzenlose Unterwerfung unter den Willen des Dalai Lama. Durch mentale Übungen würden neue Mitglieder so beeinflusst, dass sie nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden könnten. Einige Aussagen des „Kalachakra Tantra Ritual” riefen unverhohlen zum „Krieg der Religionen“ auf. Alle Teilnehmer bekämen das Recht, als „Shambhala-Krieger“ wiedergeboren zu werden, um in einer prophezeiten buddhistischen Endschlacht je nach Rang als Fußvolk oder als Offiziere zu kämpfen.
Studien des Nationalen Forschungsprogramms (Schweiz):
– Karénina Kollmar-Paulenz: „Die Rezeption des tibetischen Buddhismus in öffentlichen Institutionen der Schweiz“ 2012
– Jens Schlieter: „Tibeter in der zweiten und dritten Generation in der Schweiz“ 2012
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(Quelle: Zeitjournal Jahresausgabe 2011) © AG Welt e.V.